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OB MAN HIER WOHNT ODER DORT, DAS MACHT FÜR HUNDEHALTER EINEN GROSSEN UNTERSCHIED: BEI DER HÖHE DER ZU ENTRICHTENDEN HUNDESTEUER. AN DER ABER IST ÜBERHAUPT EINIGES FAULKeine Frage der Gerechtigkeit

Foto: Lou Probsthayn

Fremd und befremdlich

KATRIN SEDDIG

Für einen „gefährlichen Hund“ muss im bayrischen Starnberg ein Halter eintausend Euro Hundesteuer jährlich bezahlen. In Eschborn, Hessen, muss der Hundehalter gar nichts an Steuern bezahlen, egal für welchen Hund. In Hannover wiederum kostet der erste Hund 132 Euro, der zweite 240, und der Kampfhund 600 Euro.

Tausend Euro zur Abschreckung, hat sich wohl jemand in Starnberg gedacht. Aber wie kommt eine Stadt auf 132 Euro? Und was soll das überhaupt mit der Hundesteuer? Ist es ein Luxus, einen Hund zu halten? Und warum besteuert man dann nicht das Halten von Papageien oder Siamkatzen, den Besitz eines Benzin-Rasenmähers, den Swimmingpool auf dem Grundstück, das mehrmalige Verreisen im Jahr, Brustvergrößerungen oder die Mitgliedschaft in einem Golfclub? Das alles ist doch nicht weniger Luxus als die Haltung eines Hundes, oder?

Die Haltung eines Hundes bringt Hundebedarfkonsum mit sich. Aber der Hundebedarfkonsum ist schon besteuert: Auf allen Hundebedarfkonsumartikeln liegt ja die Umsatzsteuer drauf. Geht der Hundehalter zum Tierarzt und zahlt dort für eine Behandlung, dann ebenfalls besteuert. Der Hundehalter verbraucht also, und er zahlt dafür – auch Verbrauchssteuern. Weshalb wird dem Hundehalter also noch eine Aufwandssteuer aufgebrummt? Weil das Halten eines Hundes für den nicht so hundeaffinen Teil der Bevölkerung eine Zumutung ist? Aber ist nicht das Benutzen eines Benzin-Rasenmähers auch eine ziemliche Zumutung? Ganz abgesehen von der Benutzung eines Laubbläsers?

Sind nicht auch sehr viele Menschen eine ziemliche Zumutung? Betrunkene Menschen nach einem Fußballspiel, Schlagermove, Junggesellenabschied: Sind die nicht eine viel größere Zumutung als jeder Hund? Ich weiche in meinem Leben selten einem Hund aus, aber, wenn es irgend geht, grundsätzlich Horden grölender Fußballfans.

Warum also wird die Haltung eines Hundes besteuert? Ist es eine Gewohnheit, die ihren Sinn verloren hat? Aber welchen Sinn? Sollen Menschen davon abgehalten werden, sich einen Hund anzuschaffen? Die Anschaffung eines ­Hundes bringt noch viel mehr Kosten mit sich: Tierarztkosten inklusive Impfungen, die Ernährung, die Versicherung, die Unterbringung, Körbchen, hundgerechter Urlaub. Wer das zu zahlen bereit ist, lässt sich doch von der Steuer nicht abhalten.

Der niedersächsische Bund der Steuerzahler möchte ­die Hundesteuer abschaffen: Demnach wird zu viel Geld für die Arbeitsleistung des Einziehens und der Kontrolle der Steuererhebung ausgegeben – ein Großteil der Hundesteuer fließt also in die Verwaltung der Hundesteuer. Das wäre dann wirklich eine Verschwendung von Steuergeldern. 35 Millionen Euro nimmt Niedersachsen jedes Jahr von den Hundehaltern. Wie lässt sich der Verwaltungsaufwand ermitteln? Und das Geld muss ausdrücklich nicht für die Beseitigung von Hundekot verwendet werden. Die Steuer muss überhaupt nicht für irgendwas mit Hunden verwendet werden, weder für Hundekotbeutelaufsteller noch für Tierheime. Der niedersächsische Städte- und Gemeindebund ist übrigens gegen die Abschaffung der Hundesteuer.

Ich meine, und ich halte keinen Hund, es gibt keinen Grund, einen Hund zu besteuern – und einen Laubbläser nicht.

Katrin Seddig ist Schriftstellerin in Hamburg mit einem besonderen Interesse am Fremden im Eigenen. Ihr jüngster Roman „Eine Nacht und alles“ ist bei Rowohlt Berlin erschienen.

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