piwik no script img

BerlinmusikSchöner Flow

„Vorsicht, heißer Scheiß“, hieß es, wenn zuletzt von den Ωracles die Rede war. Die Ωracles, ein Quintett aus Berlin und Köln, schreibt sich mittlerweile mit dem Omega-Ω am Anfang – vielleicht, um sich von Namensvettern wie etwa einer belgischen Death Metal-Band oder einer Experimentalband aus Texas abzugrenzen. Wie auch immer, die Omega-Ωracles hatten mit „Melt Tonight“ vor zwei Jahren einen schön zwischen Psychedelic, Funk und Disco changierenden Indie-Hinterzimmer-Hit samt viel versprechender Debüt-EP („Stanford Torus“).

Nun erscheint das erste Album der Mittzwanziger, ein wirklich schönes Stück Musik, das die Erwartungshaltungen aber wohl eher bricht. Hier gibt es, ausgedehnt auf zwölf Stücke und rund 50 Minuten, Krautrock, Dream-Pop, Shoegazer, Psychedelic und flächige Sounds zu hören, für die Tanzfläche eignen sich die meisten Songs nicht. Am ehesten ist noch mal ein Song mit ordentlich 80er-Softpopschmiere dazwischen oder ein zuckriger Indie-Song. Ein bisschen ging es mir mit den Ωracles wie mit der Berliner Band Fenster: Das klingt alles harmonisch und sphärisch, es ist überhaupt nichts an diesem Album auszusetzen – was nur fehlt, ist der Kick zwischendurch oder dass man mal herausgerissen wird aus dem Modus des Mäanderns. Im Omega-Orakel ist das Leben ein langer, ruhiger Fluss.

Einen gewissen Flow gibt es auch bei Lea Porcelain, einem Duo aus Berlin und London, das ebenfalls sehr hoch gehandelt wird. Bei den beiden fühlt man sich eher an die dunkle Seite der 80er, an Bands wie Joy Division oder The Jesus And Mary Chain, erinnert. Dass Elektronikproduzent Julien Bracht und Sänger Markus Nikolaus, so die Namen der beiden Musiker, eine große Zukunft vor sich haben könnten, war bereits bei Veröffentlichung der ersten EP im vergangenen Dezember zu erahnen. Jetzt erscheint mit „Out Is In“ eine weitere EP mit drei großartigen und vielseitigen Songs. Der Titeltrack kommt wie eine aufgepumpte, stadionfüllende Synthie-Pop-Nummer mit unterkühltem Gesang daher, es folgt ein Coverstück der weitestgehend in Vergessenheit geratenen US-Band Galaxie 500 („Snowstorm“), das dröhnend vor sich hin rockt. Schließlich gibt es noch ein ruhigeres Gitarrenstück mit schickem Duettgesang (eine Kollaboration mit Pearl). Das Fazit kann da nur lauten: Out ist wirklich ziemlich in. Jens Uthoff

Ωracles: Bedroom Eyes (This Charming Man/Cargo)

Lea Porcelain: Out Is In (Lea Porcelain Records/Rough Trade)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen