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Archiv-Artikel

Gewinn mit Ekelfleisch

Polizei nimmt den mutmaßlichen Verursacher des jüngsten Skandals in Haft. Rückholaktion abgeblasen

MEMMINGEN taz ■ Die Staatsanwaltschaft Memmingen hat gestern den mutmaßlichen Verursacher des jüngsten Fleischskandals einer Deggendorfer Firma festgenommen. Wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft bestätigte, besteht gegen den 39-jährigen Rolf Hermann K. dringender Tatverdacht, „in mehr als 50 Fällen unter Verstoß gegen das Fleischhygienegesetz genussuntaugliches Fleisch in den Verkehr gebracht zu haben“. Er habe nur als Tierfutter zugelassenes Fleisch falsch deklariert und dann mit hohen Gewinnen an mehre Firmen in Deutschland weiterverkauft. Zudem soll er die Schlachtabfälle auch nach Italien und Frankreich verschoben haben.

Exemplarisch für die Vorgehensweise des Beschuldigten sei, dass er in der Schweiz als ungenießbar deklarierte Schweineschwarten der Klasse 3 billig gekauft, nach Deutschland importiert und dann noch am gleichen Tag an seine Abnehmerfirmen verkaufte. Beim Verkauf habe der einschlägig vorbestrafte Geschäftsführer andere Begleitpapiere vorgelegt und damit die Fleischabfälle kurzerhand als genusstauglich deklariert. Die Memminger Staatsanwaltschaft listet in einer Mitteilung mehrere Lieferungen an eine Firma in Rheinland-Pfalz auf, aus der die „gutgläubige Firma Speisegelatine herstellte und wohl auch als solche weiterverkaufte“.

Vom Dezember 2003 bis zum Mai 2005 soll der Beschuldigte zudem in mehr als 50 Fällen Geflügelabfälle der Klasse 3 in einer Menge von rund 760.000 Kilogramm als genusstaugliche Ware an zwei Firmen in Bayern und Thüringen verkauft haben. Auch dort wurde dieses Material im Lebensmittelbereich weiterverarbeitet.

Das Bayerische Verbraucherschutzministerium hatte am Wochenende eingeräumt, dass die geplante groß angelegte Rückholaktion nicht mehr durchgeführt werden könne. Der Großteil der Schlachtabfälle, die angeblich für den Menschen zwar eklig, aber nicht gefährlich sind, seien schon verbraucht. Durch eine ganze Reihe von Zwischenhändlern lasse sich der Weg der Fleischabfälle bis ins Verkaufsregal kaum mehr nachvollziehen, sagte ein Ministeriumssprecher.

Der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Franz Maget, wirft Bayerns Verbraucherminister Werner Schnappauf unterdessen vor, „in der Frage des Ekelfleisches kläglich versagt zu haben“. Mit einem Dringlichkeitsantrag und mündlichen Anfragen wollen SPD und Grüne in Bayern weitere Hintergründe des Skandals erfahren.

KLAUS WITTMANN