: Rente soll in die Verfassung
RECHTE Linkspartei will Rentenniveau von 53 Prozent des Nettoeinkommens im Grundgesetz festschreiben lassen. Grüne halten das für „unnötig“
VON STEFAN REINECKE
BERLIN taz | Die Linkspartei will das Niveau der gesetzlichen Rentenversicherung im Grundgesetz festschreiben – und mit dieser Forderung 2013 in den Wahlkampf ziehen. Die Idee geht auf Parteichef Bernd Riexinger zurück. In einem Entwurf des Wahlprogramms, der der taz vorliegt, heißt es: „Wir wollen, dass die zentralen Eckpunkte der gesetzlichen Rentenversicherung im Grundgesetz verankert und damit einem besonderen Schutz vor kurzsichtigen politischen Interventionen unterliegen.“ Außerdem soll in der Verfassung fixiert sein, dass das Renteniveau nicht unter 53 Prozent des Nettolohns sinken darf.
„Die auf dem Generationenvertrag basierende gesetzliche Rentenversicherung ist die zentrale Säule der Alterssicherung in der Bundesrepublik“ – dieser Satz soll in das Grundgesetz aufgenommen werden. Derzeit liegt das Rentenniveau bei 50,4 Prozent, Tendenz fallend. Wegen des demografischen Faktors in der Rentenformel wird das Rentenniveau im Jahr 2020 voraussichtlich auf 46 Prozent und im Jahr 2030 auf 43 Prozent sinken.
Zudem will die Linkspartei eine Mindestrente oberhalb der Armutsrisikogrenze in die Verfassung schreiben. 2012 lag dieser statische Wert bei etwa 1.100 Euro im Monat. Die SPD hat kürzlich, allerdings ohne grundgesetzliche Absicherung, eine Mindestrente von 850 Euro für langjährig Versicherte beschlossen. Außerdem fordert die Linkspartei, dass alle und nicht nur abhängig Beschäftigte in die Rentenkasse einzahlen sollen. Generell soll gelten, dass die Einnahmen sich an den Ausgaben, also den zu zahlenden Renten, orientieren. Eine Deckelung des Beitragssatzes, der derzeit bei 19 Prozent liegt und dessen Anstieg die SPD künftig auf 22 Prozent begrenzen will, lehnt die Linkspartei ab. „Eine Deckelung des Beitragssatzes ist nicht mit dem Grundgesetz vereinbar“, heißt es in dem Wahlprogramm-Entwurf.
Peter Bofinger, Mitglied der sogenannten Wirtschaftsweisen und der führende sozialstaatlich orientierte Ökonom hierzulande, hält eine grundgesetzliche Absicherung der Rente grundsätzlich für sinnvoll. „Indem man den Eckpunkten der gesetzlichen Rentenversicherung Verfassungsrang gibt, könnte man das Vertrauen in die gesetzliche Rentenversicherung stärken“, so Bofinger kürzlich in einem Interview mit Spiegel Online. Denn dann könnten die Bürger sicher sein, „dass ihre Ansprüche nicht irgendwann vom Bundestag abgesenkt werden, nur weil die Regierung gerade Geld braucht“.
Der Rentenexperte der Bündnisgrünen Wolfgang Strengmann-Kuhn hält den Vorstoß der Linkspartei hingegen für „unnötig.“ „Die Existenz der gesetzlichen Rentenversicherung als tragende Säule ist doch politischer Konsens“, so der Grüne zur taz. Zudem, so Strengmann-Kuhn, seien die erworbenen Rentenansprüche in Deutschland bereits „verfassungsrechtlich geschützt“. Eine weitergehende Verankerung des umlagefinanzierten Rentensystems sei daher „nicht wichtig.“
Die Linkspartei wird ihr Wahlprogramm im Februar 2013 verabschieden.