: Was anderswo gefallen hat
Robinsonade Das 4. Favourites Film Festival in Bremen zeigt Publikumspreisträger anderer internationaler Festivals –mit Erfolg
In seinem Debütfilm „Parasol“ schickt Valéry Rosier drei Antihelden nach Mallorca. Alle drei sind auf der Suche nach Liebe. Eine belgische Rentnerin hofft, hier endlich eine Internetbekanntschaft zu treffen, ein junger Engländer macht Campingurlaub mit seinen Eltern, was für ihn wirklich die Hölle ist, der Fahrer einer Touristenbahn wiederum versucht, seiner zehnjährigen Tochter trotz Geldnot ein guter Vater zu sein. Alle drei sind verschlossen und müssen tief sinken, um zu lernen, sich im Leben zu behaupten.
Auf den ersten Blick wirkt Rosiers Film wie die französische Version der kleinbürgerlichen Schreckenskabinette von Ulrich Seidl. Doch er hat nicht dessen erbarmungslose Kälte. Statt dessen schaut der belgische Filmemacher mit zärtlichen Humor auf die drei Verlierer und gönnt ihnen schließlich sogar kleine Momente der Freiheit. Wohl auch deshalb bekam der Film den Publikumspreis des Festivals in Amien. In Bremen ist am 26. Mai sogar der Regisseur zu Gast.
In der Dokumentation „I am The People“ wird von den Umwälzungen in Ägypten berichtet – und zwar aus der Perspektive einer Familie von Kleinbauern auf dem Land, die weit entfernt von Kairo lebt. „Marshland“ ist ein düsterer Thriller im Stil von David Fincher. Dieser könnte gut in ein paar Jahren ein Hollywood-Remake inszenieren, denn diese Geschichte eines Serienmörders spielt in den Sümpfen von Andalusien in den 80er Jahren, also der Übergangszeit nach der Franco-Ära. In Spanien war er mit zehn Goyas einer der meist prämierten Filme des letzten Jahres, nun wird er immerhin einmal in Bremen gezeigt.
Perlen wie diese bekommt man selten zu sehen. Vielleicht sind sie zu unspektakulär, um hierzulande einen Verleiher oder Sendeplatz im Fernsehen zu bekommen. Deshalb ist das Prinzip des Favourites Film Festival so erfolgreich: Auch weil das junges Publikum im Bremer Kommunalkino City 46 so begeisterungsfähig ist. Was auch damit zusammenhängen mag, dass die beiden Organisatorinnen Anna Jurzik und Paula Syniawa geschickt soziale Medien nutzen, das Kino wie ein WG-Wohnzimmer dekorieren und mit Abstimmungen mittels aufgeblasener Luftballons für Stimmung sorgen.
Sie präsentieren aber auch jedes Jahr wieder ein vielseitiges Programm mit Filmen, die den Publikumstest bereits auf anderen Festivals bestanden haben. Das macht es zum Sekundärfestival, aber was spricht eigentlich dagegen? HIP
4. Favourites Film Festival: 25. bis 29.5., City 46, Bremen
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