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Wo ich einmal verloren war

Wie war ich hier nur gelandet? Ich saß mit einem 35 Kilo schweren Koffer an einem Spätwintertag in meinem Kinderzimmer und blickte mich ungläubig um. Ich war dreißig Jahre alt, und dieses Zimmer war auf einmal unglaublich klein, genau wie sich mein Leben von einem Moment auf den anderen um ein Vielfaches verkleinert zu haben schien. Ich stöpselte meinen Ghettoblaster in die Steckdose und schob eine Kassette mit nubischer Musik ins Fach. Sieben Monate war ich fort gewesen, mit deutschen Entwicklungshelfern im oberägyptischen Assuan, und hatte versucht, Mädchen ein bisschen Englisch beizubringen.

Die Heimat begrüßte mich eher kühl: Die Einzimmerwohnung stand unter Wasser, meine Möbel waren in einen Keller verstaut worden. Ein Gruß des Vermieters, der fand, dass man mit den 30 Quadratmetern ja noch ein bisschen mehr Geld verdienen könnte. Es war Ende März, draußen schneite es auf Reihenhausdächer und den Westen dieser Metropole, nahe der Heerstraße und der B5. Mein Vater stand mit einer Tasse Kaffee in der Tür: „Ist das schön, dich wieder zu Hause bei uns zu haben!“

Als ich am nächsten Tag in den Bus steigen wollte, war ich vorbereitet: Die Busfahrer in meiner Stadt sind schließlich für ihre Freundlichkeit bekannt. Die Tür öffnete sich. Und der Fahrer grüßte. Mich. Von sich aus.

Mir wurde klar, dass Fremde und Heimat relative Begriffe sind. Es ist dann alles gut ausgegangen, sogar das mit der Wohnung. Und bei den Eltern bin ich zehn Tage später ausgezogen, was, obwohl auch schön, wohl besser so war. Anja Mierel

Wo fühlte sich die taz-Verlagsmitarbeiterin verloren? Raten Sie, gewinnen Sie. Was, steht im Editorial auf Seite 15. Ihre Antworten schicken Sie bitte an sonntaz@taz.de

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