Darf man seIne Wohnung an Touristen vermieten, solange Menschen auf der Straße sitzen? Und kann man guten GEwissens Urlaub in Privatwohnungen machen?
: Ab ins Hotel!

Foto: Lou Probsthayn

Fremd und befremdlich

KATRIN SEDDIG

Das „Gesetz über den Schutz und die Erhaltung von Wohnraum (Hamburgisches Wohnraumschutzgesetz von 1982)“ bestimmt in Paragraf 9 („Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum“) (1): „Sofern die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, darf Wohnraum im Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg anderen als Wohnzwecken nur mit Genehmigung der zuständigen Behörde geführt werden.“

Da es um den Wohnraum zu angemessenen Bedingungen in Hamburg immer noch nicht so gut bestellt ist, wird so eine Genehmigung von der Behörde praktisch nicht erteilt. Dass dennoch jedes Jahr mehr Wohnungen in Übernachtungsportalen wie AirBnB, Wimbdu oder 9flats in Hamburg angeboten werden, liegt also nicht daran, dass die Stadt dies genehmigt hätte.

Unter bestimmten Bedingungen ist das Vermieten allerdings legal, etwa, wenn nur weniger als die Hälfte der (Erst-)Wohnung vermietet und der andere Teil selbst bewohnt wird oder wenn die Wohnung nur vorübergehend vermietet wird, etwa am Wochenende. Und wenn natürlich der Vermieter einer Mietwohnung mit dem Weitervermieten einverstanden ist.

Allein AirBnB hat derzeit nach eigenen Angaben rund 5.500 Angebote in Hamburg. Wie viele davon werden wohl legal vermietet? Ich verstehe, warum man privat mietet. Weil es billiger ist. Weil man mehr bekommt, für weniger Geld. Ich miete selber im Sommer meist ein Haus für die Familie, weil ein Urlaub in gleicher Lage im Hotel auch für mich zu teuer wäre. Das ist allerdings immer auf dem Land, wo kein Mangel an Wohnraum ist und wo deshalb auch Wohnungen und Häuser an Feriengäste vermietet werden dürfen.

Aber kann ich mich deshalb besser fühlen? Es ist so eine Sache mit diesen Privatangeboten. Der Sprecher des Hamburgischen Tourismusverbandes, Sascha Albertsen, sieht es jedenfalls nicht gern, ebenso wenig wie der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband Dehoga. Sie sprechen ganz aktuell von Wettberwerbsverzerrung und wünschen sich stärkere Kontrollen. Hotels und Herbergen müssten zum Beispiel Auflagen erfüllen, hygienische und Brandschutzauflagen. Mit den Preisen der privat vermieteten Wohnungen könnten Hotels nicht mithalten, sie sehen daher Nachteile für sich und Gäste abwandern.

Nun ja, das ist es wohl nicht allein. Im Wohnraum muss in der Regel auch der Brandschutz eingehalten werden, und wenn eine Ferienwohnung nicht den hygienischen Standards entspricht, wird sie wohl in einem von Bewertungen geprägten System keinen Erfolg haben. Fakt ist, dass in Hotels Menschen beschäftigt werden, und dass durch mehr Privatangebote auch Arbeitsplätze wegfallen.

Natürlich argumentieren die Portale so, dass die Leute, die bei ihnen Zimmer oder Wohnungen buchten, Familien wären und Leute, die sich ein Hotel nicht leisten könnten. Da aber tatsächlich auch luxuriösere Wohngelegenheiten angeboten werden, zu einem Preis, für den auch ein Hotelzimmer zu haben wäre, gilt das wohl nicht für alle Kunden.

Im Übrigen, wenn ich abwäge, zwischen dem Vergnügen von Familien, die sich als Touristen in der Stadt aufhalten wollen, und dem Wohl von Familien, die den Wohnraum dringend benötigen, dann interessieren mich erstere weniger. Wenn ich wirklich drüber nachdenke: Touristen sollten gewerblich wohnen, in der Jugendherberge oder es bleiben lassen. Eigentlich ist es wirklich unmoralisch, zum Beispiel bei seinem Lebensgefährten zu wohnen und die eigene Wohnung dauerhaft an Touristen zu vermieten. Es ist unsolidarisch in Zeiten solcher Wohnungsnot. Die Stadt sollte – Wettbewerbsverzerrung hin oder her, das interessiert mich weniger – ein paar Leute einstellen und die illegale Vermietung härter verfolgen.

Katrin Seddig ist Schriftstellerin in Hamburg mit Interesse am Fremden im Eigenen. Ihr jüngster Roman „Eine Nacht und alles“ ist bei Rowohlt Berlin erschienen.