: Protestanten müssen unter sich bleiben
Eine neue „Loyalitätsrichtlinie“ der Diakonie in Deutschland gibt vor, dass im Wohlfahrtsverband der evangelischen Kirche nur noch getaufte ProtestantInnen angestellt werden dürfen. In NRW stößt die Vorgabe auf Kritik
HERNE/KÖLN taz ■ Wer in Zukunft bei der Diakonie arbeiten will, muss ProtestantIn sein. Nordrhein-westfälische Kirchenmitarbeiter kritisieren die so genannte Loyalitätsrichtlinie, die das Diakonische Werk Deutschland am Mittwoch beschlossen hat: „Sie ist ein Rückschritt für die bisher erreichte ökumenische Position“, sagt Jürgen Klute, Sozialpfarrer im Kirchenkreis Herne.
Bisher habe innerhalb des evangelischen Wohlfahrtsverbands eine Klausel gegolten, die auch Katholiken oder Griechisch-Orthodoxen erlaubte, dort angestellt zu sein. Bei hohen Repräsentanten der Diakonie und der Kirche selbst, für die die Richtlinie bereits seit Juli gilt, sei die Bedingung einer Mitgliedschaft nachzuvollziehen, sagt Klute: „Sie müssen sich mit den Inhalten identifizieren. Verdi-Funktionäre müssen auch in der der Gewerkschaft angehören“. Doch der so genannte Tendenzschutz müsse nicht für MitarbeiterInnen gelten, die zum Beispiel im Bereich der Integration von Muslimen arbeiteten. „Da muss eine Personalpolitik differenzieren können.“
Auch bei den Ausbildern von Sozialarbeitern und Sozialpädagogen kommt die neue Richtlinie nicht gut an. „Man will wohl durch die erneute Willensbekundung verhindern, dass der Tendenzschutz aufgeweicht wird“, sagt Heinz Gabler, der an der Fachhochschule Köln Praktika und das Berufsvorbereitungsjahr für seine Studenten organisiert. Denn im Bereich der sozialen Arbeit habe die Diakonie zunehmend auf die Qualifizierung des Bewerbers und weniger auf die Religionszugehörigkeit geschaut. „Das wurde nun von den obersten Sittenwächtern torpediert“, sagt Gabler.
Auf der obersten Ebene des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Westfalen wird die neue Linie nicht als als Einschnitt empfunden: „Wir haben lediglich ein rechtliche Lücke geschlossen“, sagt Vorstandvorsitzender Günther Barnhoff. Deshalb habe er selbst der neuen Richtlinie zugestimmt.
Ausgelöst durch die Diskussion um ein Antidiskriminierungsgesetz sei in der EU die Eigenständigkeit der Kirche bei der Personalauswahl in Frage gestellt worden, so Barnhoff. „Das Selbstbestimmungsrecht ist aber immer noch im deutschen Grundgesetz festgeschrieben.“ (siehe Kasten). Von den 55.000 Angestellten in seinem Haus sei der allergrößte Teil auch jetzt schon protestantisch oder zumindest christlich getauft. „Ausnahmen mussten auch bisher genau geprüft werden.“
Eine Ebene darunter, beim Fachverband der Kindertageseinrichtungen der Diakonie Westfalen, wird die neue Regelung jedoch als einschneidend angesehen: „Wir sind gerade dabei, ein Positionspapier zu formulieren, in der es um Neueinstellungen von muslimischen Erzieherinnen geht“, sagt eine Mitarbeiterin, die nicht genannt werden will. „Das steht im Widerspruch zur Loyalitätsrichtlinie.“ NATALIE WIESMANN