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Archiv-Artikel

Noch mehr Lichter gehen aus

Während das Faulenquartier auf seine Auferstehung wartet, gehen die letzten großen Geschäfte pleite: Leffers und Wührmann sind insolvent. Ein Faktor unter vielen: die miese Lage am Brill

Von sgi

Bremen taz ■ Zwei große Kaufhäuser am Brill haben in den vergangenen Wochen Insolvenz angemeldet: erst Leffers, dann das Bettenhaus Wührmann – beides Geschäfte mit Tradition. Zufall?

Zumindest die Geschäftsführung von Wührmann macht auch den Leffers-Konkurs Ende August für die eigene Pleite verantwortlich, so Nils Heidelk aus dem Büro des vorläufigen Insolvenzverwalters Edgar Grönda. Doch es gibt mehr Gründe, dass das Bettenhaus mit 120-jähriger Tradition, 22 MitarbeiterInnen in Bremen und sieben in Oldenburg ins Trudeln geraten ist.

Ein Grund ist der Brilltunnel: Die Diskussionen um die unattraktive Unterführung habe Wührmann bereits veranlasst, dass Kellergeschoss dichtzumachen. Zwar habe sich das Bettenhaus, das auch Wäsche- und Kindermode verkauft, in der Vergangenheit reduziert, so Heidelk – „aber wohl nicht ausreichend.“

Ganz ähnlich Leffers, 410 MitarbeiterInnen in acht Häusern zwischen Lemgo, Meppen und Stade hat Leffers insgesamt, rund 100 am Brill, 50 Stellen sollen alles in allem abgebaut werden. Es gebe bereits einige KollegInnen, die freiwillig gingen, so Marco-Hinnerk Fiddelke vom Büro des vorläufigen Insolvenzverwalters Uwe Kuhmann. Mit Betriebsrat und Gewerkschaft sei vereinbart, dass maximal 25 Beschäftigte betriebsbedingt entlassen würden.

„Gewisse Strukturen im Personalbereich“ seien zu verändern, sagt der Insolvenzverwalter, so kämen Unternehmen wie Peek & Cloppenburg oder C & A „mit deutlich mehr Aushilfen und weniger Vollzeitkräfen“ aus. Hinzu kommen zu hohe Mieten für viele der Leffers-Standorte: Derzeit verhandle man mit den Immobilieneigentümern.

Schließlich der Brill. Eine „mäßige 2-b-Lage“, sagt Fiddelke. „Wenn das jetzt ein sensationeller Standort wäre, hätte man andere Umsatzmöglichkeiten und hätte gewisse Kostenstrukturen besser meistern können.“ Dass die Aufwertung des Faulenquartiers zum Medienstandort dem Bekleidungsunternehmen helfen werde, das in Norddeutschland vor allem für die so genannten „Chosen“ – Unterwäsche und Strümpfe – berühmt ist und hier einen Marktanteil von bis zu 45 Prozent hält, „wage ich zu bezweifeln“, sagt Fiddelke.

Bei Nils Heidelk kommt der Brill nicht besser weg. „Seit wann gehen da hinten die Lichter aus“, fragt er, „seit Saturn? Dann kämpft man noch ein bisschen und dann ist es vorbei.“ Wührmann müsse sich jetzt „relativ zügig aufs Kerngeschäft konzentrieren“, und das heiße: Betten. Auch ein Umzug ist nicht ausgeschlossen, so Heidelk: „Man wird sehen, ob man an den Standort gebunden ist.“

Es sei bitter, dass Wührmann und Leffers „gerade jetzt wegbrechen“, meint Jürgen Lüthge, Chef der Brebau und früherer Staatsrat im Bauressort. „Gerade jetzt“, sagt Lüthge, weil die Wiederbelebung des Faulenquartiers mit dem Umzug von Radio Bremen und der Volkshochschule auf den Weg gebracht sei. Während zwei Traditionsunternehmen insolvent werden, entsteht schräg gegenüber „Brillissimo“ in der ehemaligen Kaufhalle. Die Brebau ist daran maßgeblich beteiligt. Nicht nur deshalb gibt sich Lüthge vom Erfolg des Projekts überzeugt. Es ist die Lage dies- oder jenseits des Brills, die entscheide. Lüthge: „Dieser schmale Graben ist schon eine Welt.“ sgi