Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Nach dreizehn Tagen hatte das Regime in Teheran im Sog von Youtube und des Interesses der Weltöffentlichkeit zu wanken begonnen: nach den iranischen Präsidentschaftswahlen im Juni, die unter Manipulationsverdacht geraten waren. Aber dann starb Michael Jackson und zog das Interesse der Welt vom Schicksal des Iran in einer Weise ab, dass man sich wundert, dass dies noch nicht die Fantasie von Verschwörungstheoretikern angeregt hat. Vom zweifelhaften Regierungsauftrag in Teheran und den Mitteln, mit denen er durchgesetzt wurde, spricht inzwischen niemand mehr; von Teheran, wo im Februar der 30. Jahrestag der Islamischen Revolution begangen wurde, jenes Datums also, an dem der Iran vom Regen in die Traufe geriet. Deswegen ruft das Ballhaus Naunynstraße nun frech zur „Happy Revolution“ auf, einem Theaterfestival, das das Jahr 1979 und seine Folgen in den Blick nehmen will. Eröffnet wird mit einem Stück des 52-jährigen iranischen Schriftstellers Abbas Maroufi „Und der Herr schuf die Kuh“ – geschrieben 1995, in dem Jahr, bevor er den Iran verließ, und dort verboten, weswegen es nun erst im Rahmen des Festivals uraufgeführt wird. Das Stück erzählt die Geschichte eines alten Uhrmachers, der, selbst längst ermüdet vom politischen Kampf, in seiner Stadt nun Unruhen erlebt und mit einem jungen Mann ins Gespräch darüber gerät, eine Parabel über die Grenzen des Privaten in Zeiten der Krise. Außerdem stellt das Festival mit „Filed under uncensored“ die iranische Bloggerszene sowie die Untergrundmusikszene vor, die sich um das Label „Zaptesot“ gruppiert.

Vor der Unbill der Welt und der kalten Jahreszeit bietet auch in diesem Jahr wieder zuverlässig die Märchenhütte des Hexenkessel Hoftheaters Zuflucht an, die heute Abend auf einem Bunkerdach gegenüber dem Bodemuseum ihre Türen öffnet.

■ Ballhaus Naunynstraße: „Happy Revolution“. 4.–21. 12.

■ Ballhaus Naunynstraße: „Und der Herr schuf die Kuh“, ab Sa.

■ Ballhaus Naunynstraße: „Filed under Uncensored“, ab So.

■ Märchenhütte: „Fitschers Vogel“ & „Rotkäppchen“, ab heute