: Bargeld ist nicht kriminell
bürgerschaft Trotz großer Einigkeit in der Debatte zur Abschaffung des Bargelds will der Landtag denFDP-Antrag nicht annehmen
Ob eine Bargeldobergrenze und die Abschaffung des 500-Euro-Scheins einen Verlust von Freiheit bedeute, darüber wurde am Donnerstag in der Sitzung der Bürgerschaft debattiert. Eine europaweite Bargeldobergrenze ist die jüngste Forderung des Bundesfinanzministers Wolfgang Schäuble (CDU).
Mit einem Dringlichkeitsantrag hatte die FDP-Fraktion das Thema in die Bürgerschaft gebracht. Sie forderte den Landtag auf, sich entschieden gegen die Pläne Schäubles zu stellen. Das sei notwendig, um Privatsphäre und Daten der BürgerInnen zu schützen.
Im Gegensatz zur Obergrenze wurde der Erhalt des 500-Euro-Scheins nicht sehr umfangreich debattiert. Auf den, so wirkte es, könnten die Mehrheit der Abgeordneten gut verzichten. „Das Ende des 500-Euro-Scheins ist nicht das Ende der Freiheit in Deutschland“, kommentierte der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen, Björn Fecker. Ähnlich äußerte sich auch Klaus-Reiner Rupp (Die Linke). Am 500-Euro-Schein hänge sein Herzblut nun wirklich nicht, so der Wirtschaftspolitiker.
FDP-Chef Hauke Hilz ließ sich nicht weiter darauf ein. Ihn empörte viel mehr, dass mit einer Bargeldobergrenze ein Zusammenhang zwischen großen Summen an Bargeld und Kriminalität hergestellt werde. „Bargeld ist nicht automatisch kriminell sondern bedeutet Freiheit“, behauptete Hauke Hilz.
Finanzpolitiker Arno Gottschalk (SPD) beschwichtigte ihn, denn „99 Prozent der Bürger betrifft es nicht“. Es gebe aber die Befürchtung, so Gottschalk, dass es sich bei der Grenze von 5.000 Euro nur um einen Einstieg handle und sie noch weiter sinke. Das mache es zu einer politischen Frage, so Gottschalk. Er plädierte deshalb für fundierte Untersuchungen zum Thema.
Auf Nachteile einer in Zukunft möglichen bargeldlosen Gesellschaft verwies Rupp. Er kritisierte die elektronische Zahlungsweise, die Kundendaten preisgebe und das Ausspionieren des Kaufverhaltens möglich mache. Rupp bezeichnete die geplanten Maßnahmen als „Einschränkungen der individuellen Freiheit“.Bürgermeisterin Karoline Linnert gab zu bedenken, dass eine Obergrenze an Steuerhinterziehungen, Schwarzarbeit oder terroristischen Aktivitäten nicht viel ändern werde. Dass werde am Beispiel Portugals oder Spaniens deutlich. Auch dort hätte die Schwarzarbeit nach Einführung einer Höchstgrenze nicht abgenommen. Eine Einschätzung, die eine Studie des Ökonoms Friedrich Schneider bestätigt. Er berechnete, dass die Einführung einer europaweiten Obergrenze von 5.000 Euro einen Rückgang der Schwarzarbeit um nicht mehr als ein Prozent bewirken dürfte.
Dass eine Obergrenze ihren Sinn verfehlte, darüber waren sich alle Fraktionen letztendlich einig. Abgelehnt wurde der Antrag der FDP trotzdem.
Leandra Hanke
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