piwik no script img

Archiv-Artikel

Die Meta-Sitcom

COMEDY Kabel 1 versendet die saulustige – und bereits abgesetzte – Serie „Life On A Stick“ (2. 1., 5.05 Uhr) vor Sonnenaufgang

VON SEBASTIAN DALKOWSKI

Alles spricht gegen diese Serie. 2005 setzte der US-Sender Fox die Sitcom „Life On A Stick“ nach 5 von 13 Folgen ab. Sie erschien nie auf DVD. Wer sie sehen will, muss auf körnige YouTube-Clips zurückgreifen. Sie wurde nie zum Kult von Eingeweihten wie „Arrested Development“. Einen deutschen Wikipedia-Eintrag gibt es nicht. Kein Darsteller wurde später berühmt. Am bekanntesten ist noch Erfinder Victor Fresco, der auch für die Serie „Better Off Ted“ verantwortlich war und Folgen für „My Name Is Earl“, „Verrückt nach dir“ und „Alf“ geschrieben hat.

Kabel 1 wollte „Life On A Stick“ im Sommer 2012 erstmals im deutschen Fernsehen zeigen, verschob dann aber den Termin und strahlt die 13 Folgen ab 2. Januar in Doppelfolgen gegen 5 Uhr aus. 5 Uhr morgens. Der Sender macht keine Pressearbeit für die Serie, verschickt auch vorab keine DVDs an Journalisten, weil es keine gibt, und die Pressesprecherin des Unternehmens räumt ohne Widerstand ein, dass der Sendeplatz nicht attraktiv ist.

Kabel 1 scheint es völlig egal, ob sich irgendjemand diese Serie ansieht. Nur weg damit. Vielleicht also braucht sie niemand. Doch warum ist sie dann so lustig?

„Life On A Stick“ erzählt vom Alltag zweier Freunde aus Seattle, der Anführer-Typ Laz und der geistig eher träge Fred. Sie haben die High School geschafft und wissen nicht, wie es weitergehen soll. Also fangen sie in einem Hot-Dog-Laden in einer Mall an, der von dem diktatorischen Mr. Hut geleitet wird. Dort arbeitet auch Lily, ein rothaariges Mädchen, in das sich Laz bald verliebt. Vater und Stiefmutter gefällt Laz’ Auszeit überhaupt nicht, sie wollen ihn vor die Tür setzen. Dann aber stellen sie fest, dass er einen guten Einfluss auf seine Stiefschwester Molly hat, eine 16-jährige Soziopathin.

Es gibt viele Gründe, warum die Sitcom deutlich besser ist als ihr Sendeplatz. Zum Beispiel hat sie tolle Ideen: wenn Molly den Kampf gegen den Hitler-ähnlichen Deutschlehrer aufnimmt. Wenn Laz und Lily das Zusammenleben üben und im Möbelhaus übernachten, sie zum Schlafen aber einen Ventilator braucht und er Free Jazz. Womit sie den anderen in den Wahnsinn treiben. Es mangelt auch nicht an bösen Momenten. So ist es nie ein schlechtes Zeichen, wenn in einer Sitcom jemand stirbt und das Anlass für weitere Komik ist. Von Folge zu Folge wird die Serie besser. Manchmal ist sie auch nur herrlich albern. Dann zum Beispiel, wenn die Freunde das gesamte Büro ihres Chefs Mr. Hut frittieren oder sich zu dritt in einen Brezelstand quetschen. Fred hat ähnlich bescheuerte Einfälle wie Kramer aus „Seinfeld“. Er begeistert sich für essbare Unterwäsche und bietet einem verletzten Vogel auf seinem Hut Unterschlupf.

Man kann „Life On A Stick“ aber auch als Meta-Sictom sehen, die sich über Stereotype lustig macht. Es gibt den Anführer, den großen Schwarm, den trotteligen Freund, die sexy Mom. Gerade bei Laz fällt das auf, er spricht bisweilen fast zum Publikum gewandt, scheint sich seiner Rolle also bewusst zu sein. „Life On A Stick“ kann man sich an einem Sonntagnachmittag in einem Rutsch ansehen, ohne das Gefühl zu haben, Zeit zu verschwenden. Ob die Serie allerdings vor Sonnenaufgang und in deutscher Synchronisation ihr ganzes Potenzial ausschöpfen kann, muss noch erforscht werden.