: Stahlgewitter am Geißbockheim
Großes Tennis: Der 1. FC Köln verliert bei der Eintracht aus Frankfurt mit 3:6. Der Vorstand hält an Trainer Uwe Rapolder fest. Voraussetzung: Ein Sieg am kommenden Wochenende gegen die Bayern
AUS FRANKFURTKLAUS TEICHMANN
Der Manager des 1. FC Köln war es vor der Partie in Frankfurt leid, ständig zum scheinbar angespannten Verhältnis zwischen FC-Coach Uwe Rapolder und Stürmerstar Lukas Podolski befragt zu werden. „Ich gebe Herrn Rapolder gar keinen Rat“, gab sich Andreas Rettig mürrisch, „außer vielleicht, dass er das nächste Spiel gewinnen sollte.“ Der angezählte Rapolder hat dem Ratschlag beim 3:6 gegen die Frankfurter Eintracht ganz offensichtlich wenig Beachtung geschenkt. „Es ist klar, dass es jetzt ungemütlich wird“, gibt sich der FC-Coach immerhin keinen Illusionen hin. Recht martialisch empfahl er, jetzt müssen „wir den Stahlhelm aufsetzen und da einfach durch.“
Seine Kritiker sprechen freilich davon, dass Rapolder die schwere Kopfbedeckung bereits längst tragen würde – ein arg ruppiger Umgangston gegenüber seinen Schutzbefohlenen wird ihm vorgeworfen. „Er hat vielleicht manchmal den falschen Ton und die falsche Ansprache gewählt“, räumte Rettig gestern im DSF ein. Der Trainer hätte jedoch daraus gelernt: „Das ist ein Zeichen von Größe. Ich habe am Morgen mit dem Trainer gesprochen, er will kämpfen.“
Nach zwei Auftaktsiegen in der Eliteliga handelten sich die euphorisierten „Geißböcke“ vor wenigen Wochen ausgerechnet beim Frankfurter Intimfeind Kickers Offenbach ein Erstrundenaus im DFB-Pokal ein. Wenig dramatisch wurde dies damals abgetan. Einzig der Kasernenhofton, mit dem Rapolder einen Ergänzungsspieler hinterher wegen seiner Sonnenbrille anblaffte, irritierte schon damals den interessierten Beobachter. Der Spieler würde sich so von seinen Kollegen distanzieren, begründetet der angefressene Trainer seinen aggressiven Ton. Zwei Monate später schließt sich der Kreis für den FC im Rhein-Main-Gebiet mit der heftigen „Klatsche“ in Frankfurt.
Sieben Niederlagen in den vergangenen acht Bundesligaspielen – Tendenz sinkend. Die Abstiegsränge sind nur noch zwei Punkte entfernt. FC-Keeper Stefan Wessels mühte sich nach seinem arbeitsreichen Nachmittag zwar, den Eindruck zu zerstreuen, das Team spiele bereits gegen den Trainer. Doch zumindest war nicht gerade zu erkennen, dass die Kölner sich als arbeitsplatzerhaltende Maßnahme mit aller Macht gegen die Niederlage stemmen würden. Mit Lukas Podolski, Christian Springer oder dem türkischen Nationalspieler Özalan Alpay soll sich Rapolder immer wieder seine persönlichen Scharmützel liefern – wenig sensibel würde er auch individuelle Fehler der Nachwuchsspieler begleiten. „Ich kann mir diese Leistung nicht erklären. Das war eine Katastrophe“, meinte Podolski hinterher gewohnt knapp.
Sein Elfmetertreffer zum 2:4 in der zweiten Halbzeit hätte noch einmal ein Fanal zur Aufholjagd sein können, doch nach Alexander Meiers Tor zum 5:2 entpuppte sich „Poldis“ einzige sehenswerte Situation schnell als laues Strohfeuer. „Was sich in der ersten Halbzeit abgespielt hat, war ein Desaster“, hielt sich Rapolder in seiner Analyse zumindest nicht lange mit Schönfärberei auf: „Wir haben einen Fehler nach dem anderen produziert.“ In neun Bundesligaspielen hat die Eintracht als schwächstes Team im Angriff insgesamt gerade einmal vier Tore zustande gebracht – gegen den FC schaffte sie dies schon in einer Halbzeit. „Solch einen Fußball kann man sich nicht angucken“, hatte Podolski Verständnis für die vorzeitig in Scharen flüchtenden FC-Anhänger. Sie verpassten nach Du-Ri Chas 6:2 einzig die Ergebniskosmetik von Alpay in der Schlussminute. „Wir werden den Trainer nicht entlassen“, ließ Kölns Präsident Wolfgang Overath verlauten. Rettig sprach von einer „schonungslosen Analyse.“ In Hektik wolle man um das Geißbockheim nicht verfallen.
Der Konkurrent aus Frankfurt, der nach einer gewissen Eingewöhnungszeit nun immer besser in Tritt kommt, hat den FC jetzt hinter sich gelassen. Wie in Köln hat man auch in Frankfurt in einem sehr ähnlichen Umfeld aus gewachsener Fußballkultur in einer finanzstarken Medienmetropole in den vergangenen Jahren viel mit dem Image einer Fahrstuhlmannschaft zu tun. Manager Heribert Bruchhagen arbeitet auch mit der Verpflichtung des akribischen Ex-Kölners Friedhelm Funkel nun mit strukturellen Veränderungen am Ruf der „launischen Diva“. In Köln hat sein Pendant Rettig einen ähnlichen Weg der Professionalisierung eingeschlagenen. Dem aufgeregten Kölner Boulevard nun nicht mit aktionistischen Schnellschüssen nachzugeben, dürfte Rettigs anspruchsvolle Hauptaufgabe der nächsten Wochen sein.