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Türkei: Zeitung „Zaman“ unter Kontrolle

ISTANBUL taz | Eine der großen regierungskritischen Zeitungen der Türkei, Zaman, ist am Freitag unter staatliche Kuratel gestellt worden. Auf Antrag des Istanbuler Generalstaatsanwaltes entschied das zuständige Gericht, die gesamte Zaman-Holding, zu der außer dem Flaggschiff Zaman (Zeit) noch die englischsprachige Todays Zaman und die Nachrichtenagentur Cihan gehören, unter treuhänderische Verwaltung zu stellen. Das bedeutet, dass die Medien ab Samstag voll auf Regierungslinie sein werden.

In einer ersten Erklärung sagte der Chefredakteur von Zaman, Abdülhamit Bilici, „das ist ein schwarzer Tag für die Demokratie in der Türkei“. Die Chefin von Todays Zaman, Sevgi Akarçeşme, erklärte: „Wir beeilen uns, die letzte Zeitung fertigzustellen, bevor die Treuhänder mit der Polizei bei uns eintreffen.“ Vor dem Redaktionsgebäude des Zeitungskonzerns versammelten sich am Freitag nachmittag Anhänger des Blattes, um ihre Solidarität mit der Redaktion auszudrücken.

Die Übernahme der Zaman-Gruppe kommt nicht überraschend. Zaman und die gesamte Holding sind Teil der islamistischen Gülen-Bewegung, die sich seit drei Jahren mit der AKP-Regierung und speziell Präsident Recep Tayyip Erdoğan in einem erbitterten Streit befindet. Nachdem die Gülen-Bewegung die AKP mehr als 10 Jahre unterstützt hatte und auch Zaman bis 2013 zu den Bewunderern Erdoğans gehörte, änderte sich das schlagartig, als die Gülen-Bewegung und die AKP Regierung mit dem damaligen Premier Erdoğan an der Spitze im Streit auseinandergingen. Seitdem gehört die Zaman-Gruppe zu den heftigsten Kritikern Er­do­ğans und stand schon länger auf der Abschussliste. Die feindliche Übernahme der Zaman-Gruppe ist ein schwerer Schlag für die kritische Öffentlichkeit in der Türkei. Selbst ein erklärter Gegner, der linke Journalist Ahmet Şık, sagte: „Ich kann mich über die Schließung von Zamannicht freuen.“ Jürgen Gottschlich

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