LeserInnenbriefe
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Demokratisch? Sozial? Human?

betr.: „Kann dieser Mann Europa retten?“, „Nein“ von Jan Feddersen, taz vom 10. 2. 16

Millionen Europäer leiden unter dem Diktat einer vor allem von deutschen PolitikerInnen aufgezwungenen Austeritätspolitik, die sie hungern, frieren und sterben lässt, weil sie Ärzte und Medikamente nicht bezahlen können – demokratisch? Millionen deutscher Kinder sind von Bildung und Zukunft abgekoppelt, die Armen werden immer ärmer, Verelendung im Alter trifft inzwischen Hunderttausende, viele von ihnen haben nicht genug zu essen und finden keine Wohnung auf einem profitorientierten Immobilienmarkt – sozial? Die Abwehrschlacht der EU gegen Flüchtlinge, denen europäische Wirtschafts- und Machtpolitik ihre Existenzgrundlagen geraubt und zerstört hat, hat Zehntausende von ihnen vorsätzlich und politisch gewollt in den Tod getrieben und verschärft diesen Krieg gegen Wehrlose jetzt noch einmal weltkriegskonform durch Einsatz der Nato – human?

Endlich stehen einige Unzufriedene auf, die ihre Idee eines sozialen, humanen und demokratischen, eines friedlichen und gerechten Europas noch nicht begraben haben. Sie wollen nicht länger nur reden und kritische Diskurse pflegen, sondern eine aktive Antwort auf die Frage „was tun?“ geben. Sie nehmen die ernst, die in Europa keine Chance, keine Hoffnung haben, egal, wo sie leben und woher sie kommen. Sie versuchen, die Reißleine zu ziehen, bevor Europa endgültig ein unmenschliches, asoziales, demokratiefernes und kriegerisches Monstrum geworden ist. Und sie wollen der Gefahr eines neuen europäischen Faschismus, den die europäische Politik seit vielen Jahren geradezu provoziert, entgegenwirken, indem sie versuchen, die demokratischen Reste, auf die Sven Giegold aus dem Elfenbeinturm des europäischen Parlaments heraus absurderweise stolz zu sein scheint, zu nutzen.

Ihnen zu unterstellen, es ginge um die eigene Privilegierung, ist schon bemerkenswert bösartig. Wer aber das Ziel, für eine europäische Gesellschaft zu kämpfen, die ihre eigenen Grundgedanken ernst nimmt und allen Menschen ein würdevolles Leben ermöglicht, als populistisch diskreditiert, ist ein intellektueller – nein, das wäre zu viel der Ehre, er ist ein journalistischer Rüpel.

Das wäre noch als persönliches Desaster abzutun, aber nicht mehr die mit solchen diskurstötenden Ausfällen verbundene Gefahr: den Brandstiftern auf parlamentarischer und Regierungsebene und denen von Pegida und AfD – warum wird so wenig über diesen Zusammenhang geredet und geschrieben? – öffentlichkeitswirksam den Rücken zu stärken. Und sich an sie mit Verweis auf die Politiker – es gab übrigens auch Politikerinnen – heranzuschleimen, die das europäische „Haus“ gebaut haben. Als wären ihre Hoffnungen und Visionen noch irgendwie lebendig in denen, die gegenwärtig Politik machen – deren „Fensterreden“ Wort für Wort, oft genug nur noch zynisch, das Ausmaß verschleiern sollen, in dem sie das europäische Projekt schleifen.

GÜNTER REXILIUS, Mönchengladbach

Nachdenken!

betr.: „Die Schande von Sachsen“, taz vom 22. 2. 16

Als im April 1968 zwei Kaufhäuser von linken Spinnern angezündet wurden, um Profit und Konsum zu verhindern, konnte die Staatsmacht die Täter ermitteln und verurteilen.

Heute, fast 50 Jahre später, wird fast jede Woche ein von Steuergeldern bezahltes Flüchtlingsheim niedergebrannt, ohne je einen Schuldigen zu ermitteln. Wenn das mein Geld wäre (und das ist es leider ja auch), würde ich doch zumindest mal eine Brandwache an den neu fertiggestellten Gebäuden aufstellen. Ist billiger als neu bauen. Nämlich auch von unser aller Geld …

Nachdenken! STEPHAN VÖLZ, Hamburg

Kormoran bewacht Fischweiher

betr.: „Heimleiter mit Schlagseite“, taz vom 22. 2. 15

Da stellt also der Landkreis ein AfD-Mitglied als Betreiber einer Flüchtlingsunterkunft im sächsischen Clausnitz ein. Mag sein, dass man von seiner Mitgliedschaft nichts wusste, aber seine Meinungsäußerungen im Rahmen von Demonstrationen fanden sicher nicht nur im heimischen Wohnzimmer des Herrn Hetze statt.

Und der Leiter der Asylstabsstelle sagt über eben diesen Mann „Hetze habe sich […] als qualifiziert erwiesen.“ Bevor es mir nicht nur die Sprache, sondern auch noch das Denken verschlägt, übersetze ich diesen Satz mit: „Er kann gut organisieren.“ Dann möge er diese Fähigkeiten unter Beweis stellen, gerne in einer Firma für den Verleih von Landmaschinen.

Aber für den Umgang mit Menschen – zumal traumatisierten Menschen – halte ich ihn so geeignet wie einen Kormoran zur Bewachung eines Fischweihers. ANNETTE WEISER, Euskirchen

Es ist ungerecht

betr.: „Flüchtlinge in Griechenland gestrandet“, taz vom 23. 2. 16

Es ist ungerecht gegenüber Griechenland, dass es sich allein um so viele Flüchtlinge kümmern muss. Griechenland steckt selbst in der Krise.

Deshalb muss es von reichen Ländern Unterstützung bekommen. JULIA ENGELS, Elsdorf