: Die Welt zu Gast bei Kellnern und Klofrauen
Die Fußballweltmeisterschaft im kommenden Jahr schafft massig Arbeitsplätze, hofft der Kölner Oberbürgermeister stellvertretend für alle drei NRW-Austragungsorte. Wie viele Jobs das konkret sein werden, weiß allerdings niemand
KÖLN taz ■ Was Hartz nicht geschafft hat, soll die WM nun richten: Funktionäre aus Sport, Politik und Arbeitsagenturen eröffneten gestern in Köln und Dortmund die „Beschäftigungsoffensive WM 2006“. Dabei zeigte sich indes, dass die Hoffnung auf Arbeitsmarkteffekte durch das Großevent bislang eher vage ist.
So gab sich Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) im Müngersdorfer Stadion zwar optimistisch, dass das sportliche Großereignis „einen volkswirtschaftlichen Nutzen generieren“ wird und aus diesem „kurfristig neue Arbeitsplätze entstehen“. Genaue Zahlen wollte er aber ebenso wenig nennen wie der Geschäftsführer der Kölner Arbeitsagentur, Peter Welters.
Auch der Hauptgeschäftsführer der Kölner Industrie- und Handelskammer (IHK), Herbert Ferger, hüllte sich diesbezüglich in Schweigen. An solchen „Spekulationen“ wolle er sich lieber nicht beteiligen. Eine ungefähre Vorstellung von den Dimensionen hatte immerhin der ehrenamtliche Vorsitzende des WM-Organisationskomitees, Außenstelle Köln, Karl-Josef Tanas. Er wusste zu berichten, dass laut Wirtschaftsexperten bundesweit „wenigstens kurzfristig“ rund 50.000 Jobs durch die WM entstehen sollen. „Aber ich denke, das ist viel zu wenig.“ Allein in München hoffe man auf 12.000 WM-Jobs. IHK-Geschäftsführer Ferger warnte dagegen vor allzu hohen Erwartungen. Die zweifelsohne steigende Nachfrage könne zu einem Gutteil auch mit vorhandenen Arbeitsplätzen befriedigt werden.
Genaues weiß man also nicht. Eines immerhin wurde gestern deutlich: Die Arbeitsplätze, die in den Regionen um die NRW-Austragungsorte Köln, Dortmund und Gelsenkirchen entstehen sollen, werden vor allem zeitlich befristete Jobs im Gast-, Transport-, Sicherheits- und Reinigungsgewerbe sowie im Einzelhandel und Eventbereich sein. Für die Arbeitslosen, die sich in diesen Jobs „bewähren“ können, sei das aber durchaus eine „Startchance“ für eine dauerhafte Beschäftigung, erklärte Welters. Allerdings müssten die Menschen für diese Aufgaben rechtzeitig „fit gemacht“ werden, sagte Schramma.
Der IHK-Chef sekundierte mit zwei Beispielen: Die 50 Fahrer, die ein Taxiunternehmen aus der Kölner Region zur WM einstellen will, sollten jetzt schon einmal Englisch lernen. Auch die Securityleute, die bei Megaevents immer gesucht würden, müssten rechtzeitig für ihre Arbeit angelernt werden. Arbeitgeber sollten daher ihre „kurzfristigen Bedarfe“ (Welters) signalisieren, appellierten Schramma und Welters an die Unternehmer. Die Arbeitsagentur habe bereits damit begonnen, einen Bewerberpool aufzubauen, so Welters.
Aber auch langfristig erhoffen sich Schramma und Ferger von der WM einen „nachhaltigen Profit“ (Ferger) – vor allem für den Städtetourismus. Steigende Besucherzahlen in den kommenden Jahren könnten zumindest bestehende Arbeitsplätze sichern, so der Oberbürgermeister. Und wenn die Bürger sich „gastfreundlich und weltoffen“ zeigten, profitierten auch andere Branchen im globalen Wettbewerb von diesen „weichen Standortfaktoren“, erklärte Ferger. Die WM biete mithin ganz NRW die „Riesenchance“, sich als „innovativer Wirtschaftsstandort“ zu präsentieren.
Bei der Gewerkschaft hält sich die Begeisterung für die „Beschäftigungsoffensive“ in Grenzen. Kurzfristig würden sicher einige Jobs entstehen, sagte Wolfgang Uellenberg-van Dawen, DGB-Chef der Region Köln. Aber man müsse erst „genau analysieren“, ob die WM wirklich sozialversicherungspflichtige Beschäftigung schaffe oder nicht vielmehr Nebenjobs für Studenten. „Die Frage ist immer, wo die Jobs entstehen und zu welchen Bedingungen.“ SUSANNE GANNOTT