: „Der Aldi muss unbedingt kommen“
Endlich ist das Studentendorf Schlachtensee wieder ausgelastet, die Betreibergenossenschaft hat große Pläne. Nun will der Bezirk den Bau eines Supermarktes auf dem Grundstück der Genossen verhindern. Doch die brauchen den Verkaufserlös
VON ALEXANDRA KIESSLING
Rosig sah die Zukunft des Studentendorfs Berlin-Schlachtensee im Dezember 2003 aus: Eine Genossenschaft hatte das Dorf vom Land gekauft, um das Studentenleben in den leer stehenden, denkmalgeschützten Wohnhäusern wieder aufleben zu lassen. Sie fand zwei Investoren, die Teilgrundstücke im Norden und Süden der Anlage zur Fremdnutzung übernahmen.
In Scharen kamen alsbald die Studenten in das altehrwürdige Domizil zurück. Inzwischen ist das Dorf mit 791 Bewohnern ausgelastet. Doch die Idylle ist trügerisch. Das Studentendorf steht vor neuen Problemen. Und wieder geht es um Geld. Und um einen Aldi-Markt.
Einen Kaufvertrag über 10 Millionen Euro, zusammengesetzt aus drei Teilkaufverträgen, hat die Genossenschaft 2003 mit dem Land geschlossen. Drei Millionen Euro hat die NCC-Immobilien GmbH vom Kaufpreis übernommen. Dafür erhielt sie den nördlichen Parkplatz, wo nun Eigentumswohnungen gebaut werden. 2,3 Millionen Euro bot die Aldi-Kette für den südlichen Parkplatz an der Potsdamer Chaussee. Die restlichen 4,7 Millionen Euro trägt die Genossenschaft.
„Der Kaufvertrag wurde geschlossen und ist auch gültig. Damit er wirksam wird, müssen aber bestimmte Bedingungen erfüllt werden“, erklärt Matthias Kolbeck von der Senatsfinanzverwaltung. Voraussetzung sei, dass Aldi vom Bezirk eine Baugenehmigung für einen neuen Discounter auf dem Dorfgelände erhält. Doch da hapert es. Der Bezirk verweigert Aldi die Baugenehmigung.
„Uns ist der Aldi zu viel“, gibt Baustadtrat Uwe Stäglin (SPD) zu. Die Gegend sei nicht arm an Supermärkten, einen weiteren brauche man nicht. Zudem gebe es planungsrechtliche Bedenken gegen den Aldi-Markt. „So wie er geplant ist, würde er die Grenze des Bebauungsplans überschreiten“, erklärt Stäglin.
„Der Bezirk war vielleicht ein bisschen voreilig“, sagt Genossenschaftsvorstand Andreas Barz, „beim Abschluss des Kaufvertrags hat der Bezirk von den Aldi-Plänen gewusst und wohlwollend zugestimmt, um das Studentendorf zu retten.“ Nun will der Bezirk, so Stäglin, „vor allem die Anwohner auf der gegenüberliegenden Straßenseite der Potsdamer Chaussee schützen“.
Fakten gegen den Markt wollte der Bezirk mit einem Lärmgutachten schaffen. Doch anstatt wie erhofft eine zu hohe Lärmbelästigung für die Nachbarschaft des geplanten Marktes zu bescheinigen, ergab das Gutachten lediglich, dass genau der Grenzwert getroffen würde. Für das Studentendorf würde der Wert zwar überschritten, doch das ist den Betreibern egal.
Von einer drohenden Insolvenz mag Barz nicht sprechen. „Das Dorf ist gut ausgelastet. Wir könnten aus den Mieteinnahmen die offene Summe begleichen.“ Doch gleichzeitig müssen auch 11,3 Millionen Euro für die dringend notwendige Renovierung aufgebracht werden. Eine ordentliche Summe für das Studentendorf. Dafür sei man auf Förderung oder Stiftungsgelder angewiesen. Konkrete Modelle gebe es noch nicht.
Schmettert der Bezirk die Baugenehmigung für den Markt letztlich ab, habe aber zunächst das Land ein Problem: „Im Kaufvertrag ist festgehalten, dass das Baurecht geschaffen werden muss. Erst danach müssen wir zahlen“, sagt Barz.
„Der Aldi muss kommen, damit das Dorf erhalten bleibt“, gibt Barz sich kämpferisch. Eine Alternative, nach der Bezirk und Senatsverwaltung derzeit suchen, gebe es nicht. „Ad hoc findet sich kein neuer Nutzer für das Grundstück. Weil es an dieser Stelle ohnehin sehr laut ist, bietet sich nur gewerbliche Nutzung an. Der Aldi ist da optimal.“