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THEATER

TheaterEsther Slevogtbetrachtet das Treibenauf Berlins Bühnen

So ein Kind wie Victor möchte man wahrscheinlich lieber nicht haben. Denn Victor ist altklug, frühreif und durchtrieben. Irgendwie genau die Art Kind, wie es heutige Helicopter-Eltern heranzüchten. Dabei ist Victor schon fast hundert Jahre alt und eine Theaterfigur. Erfunden wurde er vom französischen Surrealisten Roger Vitrac und die Uraufführung des Stücks „Victor oder die Kinder an der Macht“ hat 1928 in Paris kein Geringerer als der Jahrhundert-Theatermann Antonin Artaud besorgt. Im Zentrum steht der9. Geburtstag des diabolischen Knaben Victor, der mit wenig Aufwand die verlogene Welt der Erwachsenen zum Einsturz bringt. An seinem Geburtstag ist Victor bereits zwei Meter groß. Das Stück spielt 1870/71, also zur Zeit des Deutsch-Französischen Krieges, dessen Wahnsinn langsam in die Geschichte und vor allem die handelnden Personen einsickert – was auch gute Anknüpfung zum Wahnsinn unserer Tage bietet. Mit Nicolas Charaux schickt das Berliner Ensemble einen jungen Regisseur mit einer frischen Sicht auf ein Gründungsdrama des absurden Theaters an den Start (Berliner Ensemble: „Victor oder Kinder an der Macht“, Premiere: 10. 2., 19.30 Uhr).

Eine Welt ohne Erwachsene hat auch der britische Schriftsteller William Golding in seinem berühmten Roman „Herr der Fliegen“ entworfen, der zuerst 1954 erschien: Eine Gruppe von Jungen überlebt einen Flugzeugabsturz und landet auf einer Insel. Dort richten die alles andere als unschuldigen Kinderlein im Laufe der Handlung ein soziales Inferno an, in dem Terror statt Gemeinsinn regiert. Die Jugendsparte des Deutschen Theaters hat den Regisseur Robert Lehniger auf den Stoff angesetzt, der die Geschichte mit dem Computerspiel „Minecraft“ verschaltet hat, einem Online-Open-World-Game mit 100 Millionen registrierten Spielern. Es entstand ein interaktives Theaterformat mit programmiertem Game-Teil (Deutsches Theater: „Herr der Fliegen. Survival Mode“, Premiere: 8. 2., 19 Uhr).

Eine Gegenüberstellung der Welten von Jungen und Erwachsen unternimmt auch das neue Projekt der Gruppe Turbo Pascal, „Die Paten“. Frank, ein nicht mehr ganz junger Theatermacher, und Alper, ein Schüler, verbindet die Leidenschaft für Francis Coppolas Film „Der Pate“. Das Stück nun verhandelt die Sicht von zwei sehr verschiedenen Menschen auf diesen Film. Die Idee ist, das Gespräch über den Film und die Figur des Paten zum Startpunkt für eine gegenseitige Befragung über soziale Aufstiegschancen, Erbe und Familie, Gangsterkompetenzen und Männlichkeitsbilder zu machen (Heimathafen Neukölln: „Die Paten“, Premiere: 5. 2., 20 Uhr).

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