Der Kampf um die Aufklärung

BRECHMITTEL-EINSATZ Noch immer hat niemand die Verantwortung für den Tod von Laye Condé übernommen. Vor acht Jahren starb er im Polizeigewahrsam

Auf der Kundgebung wird ein Mann von seinen Erfahrungen mit „Racial Profiling“ berichten

Seit acht Jahren erinnert eine Gedenk-Initiative beharrlich an den gewaltsamen Tod von Laye Condé. 2005 starb der damals 35-Jährige im Bremer Polizeigewahrsam. Im Präsidium in der Vahr war ihm über Stunden das Brechmittel Ipecacuanha und Wasser eingeflößt worden, damit er Kokainkügelchen erbräche. Dieser Versuch wurde auch dann noch fortgesetzt, als Condé bereits im Koma lag.

Für den heutigen Samstag ruft die Condé-Initiative zu einer weiteren Kundgebung auf: Sie beginnt um 12 Uhr am Ziegenmarkt und führt zur Sielwallkreuzung, wo der aus Sierra Leone stammende Condé verhaftet worden war. Es gehe darum, dass sich die Stadt „auch diesem Teil ihrer Geschichte stellt“, sagt Gundula Oertel von der Gedenk-Initiative. Noch immer gebe es kein öffentliches Eingeständnis, Unrecht getan zu haben. Der damalige Innensenator Thomas Röwekamp (CDU), der „körperliche Nachteile“ für „Schwerstkriminelle“ in einem Interview zunächst für gerechtfertigt erklärt hatte, wurde von der großen Koalition aus SPD und CDU im Amt gehalten. Auch der heutige Innensenator und damalige Justiz-Staatsrat Ulrich Mäurer (SPD) hatte das Vorgehen der beteiligten Polizeibeamten in einem Fernsehbeitrag für korrekt befunden.

„Auch nach acht Jahren und zwei Gerichtsprozessen bleibt festzustellen: Es gibt eine Tat, einen Toten, aber keine verurteilten Täter“, erklärt die Condé-Initiative. Immerhin erreichte die Mutter des Toten, dass der Bundesgerichtshof (BGH) zweimal die Freisprüche für den Arzt aufhob, der das Brechmittel per Nasensonde eingeflößt hatte. Den letzten Freispruch hatte der BGH als „fast grotesk falsch“ qualifiziert. Im Frühjahr soll das Verfahren erneut aufgenommen werden – vor einer anderen Kammer des Bremer Landgerichts.

Auf der Kundgebung wird ein Mann von seinen Erfahrungen mit dem immer noch gängigen „Racial Profiling“ berichten – der Praxis der sich an der Hautfarbe orientierten Durchsuchungen. „Wenn wir alle Betroffenen berichten lassen würden, ständen wir einen ganzen Monat am Eck“, sagt Oertel. Stattdessen soll dort ein dauerhaftes Mahnmal errichtet werden – so die Vorstellung der Initiative, zu der sich nun der von den Grünen dominierte Beirat Östliche Vorstadt verhalten muss. Die Initiative möchte das Mahnmal mit einem Künstlerwettbewerb realisieren. Eine Platz- oder Straßenbenennung nach Condé ist ebenfalls angedacht.

Die heutige Kundgebung soll auch an Oury Jalloh erinnern, der am selben Tag wie Condé in einem Dessauer Polizeirevier verbrannte.  HENNING BLEYL