piwik no script img

Tropfnasse Trottel an der Linie

Wenn es regnet, wird man nass. Am Samstag regnete es ergiebig aus dem Tief „Marita“. „Marita“ hat am Wochenende nicht nur Bundesligaprofis nass gemacht, sondern auch deren Trainer, die wie immer ungeschützt am Spielfeldrand standen, zum Beispiel Bruno Labbadia (Hamburger SV). Er ließ es geschehen, dass sein teures Wollmäntelchen sich vollsaugte wie ein Schwamm; Strähnen klebten an seiner Stirn. Warum verzichten alle Profitrainer darauf, zum Schirm zu greifen? Nun, es gehört sich einfach nicht. Das beweist ein Vorfall aus dem Jahr 2007. Der damalige englische Nationaltrainer Steve McLaren griff bei einer Partie seiner Auswahl zu einem großen blau-roten Schirm. Warum? Weil es goss. England verlor das Spiel und McLaren krass an Ansehen, denn der Beschirmte wurde in der Presse verspottet.

„Der Trottel mit dem Regenschirm“, hieß es, „Wally with the Brolly“. Der Schirm mag den armen Tropf vor Regen geschützt haben, nicht aber vor der Häme, die auf ihn niederprasselte wie ein plötzlicher Platzregen. McLaren wurde gar entlassen. Seitdem ist klar: Wer einen Regenschirm benutzt, ist ein Weichei, ein Hanswurst, ein Nichtswürdiger. Stärke beweist jener Übungsleiter, der sich vollregnen lässt und erst dann zuckt, wenn ein Rinnsal in die Unterhose läuft. Das alles hat mit Ritualen von Männlichkeit im Fußball zu tun: Fans sieht man bei Minusgraden mit entblößter Plauze im Block stehen. Jungprofis, die mit einem Kleinwagen zum Training kommen, werden verlacht. Dabei gibt es doch Vorbilder: Jogi Löw feilt sich auf der Bank die Nägel und wirbt für Kosmetik. Kicker zupfen sich die Augenbrauen und achten penibel auf ihre Frisur. Aber irgendwo hört es eben auf –nämlich beim Regenschirm. MV

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen