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"Wo Geld ist, ist auch Angst"

mehr! Der Denker Christoph Türcke stellt sein neues Buch vor: Es handelt von Geld

Christoph Türcke

67, ist emeritierter Philosophie-Professor aus Leipzig. Von ihm erschienen Bücher wie „Erregte Gesellschaft“,„Jesu Trauma. Psychoanalyse des Neuen Testaments“ und zuletzt „Mehr. Philosophie des Geldes“.

taz: Herr Türcke, alles dreht sich in unserer Gesellschaft ums Geld, also um etwas Fiktives …

Christoph Türcke: Fiktionen sind nicht unbedingt etwas Schlechtes. Aber sie können eine ungeheure Macht bekommen, wie eben das Geld. Um zu verstehen, was Geld ist, muss man es von seinen Ursprüngen her begreifen. Man muss weit zurückgehen. Geld stammt aus der Sakralsphäre, wer nur das profane Geld betrachtet, verhält sich so, wie einer, der glaubt, Menschen kämen als Erwachsene zur Welt.

Geld schafft heute Sicherheit, schafft Angstfreiheit, verspricht Zukunft – hat das mit diesen Ursprüngen zu tun?

Geld ist entstanden bei dem Versuch, den Naturschrecken loszuwerden durch Gaben an höhere Mächte, die beschwichtigt werden sollten. Geld ist ursprünglich Schutz-Geld gewesen. Man ertauscht sich fiktiven Schutz durch eine Gabe. Das ist mehr und ursprünglicher als der Tausch von ein paar Fellen gegen einen Schlauch Wein. Die bürgerliche Ökonomie blendet die Vorgeschichte des Geldes aus.

Geld ist eine Fiktion, für die man Sättigung und Glück und alles kaufen kann, was das Herz begehrt. Geld nimmt die Angst vor der Zukunft.

Aber es ist klar, dass man durch Geld nicht unsterblich wird. Diese Angst hört nicht auf, und wo Geld ist, ist auch Verlust-Angst vor Inflation, Insolvenz oder Raub. Die Verlustängste führen aber zu einer zwanghaften Jagd nach „mehr“. Kein Unternehmen kann sich zufrieden geben. Die Jagd nach dem Mehr ist der Ausdruck der Angst, die durch Geld eigentlich aus der Welt verschwinden sollte. Geld ist aber eigentlich ein Substitut für etwas anderes, das aber offenbar so nicht zu haben ist.

Interview: klaus wolschner

19.30 Uhr, Villa Ichon: Vortrag und Gespräch mit Christoph Türcke über Geld, seine Ursprünge im Opfer und die Triebfedern des panischen „Mehr“

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