: Bienenzucht zwischen Gräbern
Bestattungen Der Friedhof als Obstgarten, Spielplatz oder einfach als Park. Bei immer vielfältigeren Bestattungsformen wird über die weitere Nutzung der Ruhestätten debattiert.
Über die Zukunft der Bremer Friedhöfe, diskutierten gestern Wissenschaft, Politik, sowie VertreterInnen der evangelischen Kirche im Haus Schütting. Ob - und wie - sie auch als Freizeitort oder Erholungsgebiet genutzt werden können stand dabei im Fokus.
„Friedhöfe sind multifunktionale Räume“, erklärt Martin Venne von der Universität Kassel. Neben der Bestattung würden sie mittlerweile für Freizeitaktivitäten, wie etwa lesen oder walken, genutzt, berichtet er. Außerdem, so Venne, hätten sie einen ökologischen Wert. Sie böten mehr Pflanzenarten als herkömmliche Stadtparks.
Er sieht eine Abkehr von der traditionellen Sargbestattung: „Umfangreiche Flächen der Friedhöfe werden nicht mehr für Bestattungen genutzt“. Die Menschen entscheiden sich für kleinere Gräber, Urnen oder anonymisierte Beisetzungen. Für die Friedhöfe als Naherholungsgebiet, brauche es aber pietätsvolle Regelungen, erklärt der Wissenschaftler.
Doch spielende Kinder oder als RadfahrerIn den Weg über die Ruhestätte zu nutzen verstoße häufig gegen die Friedhofsordnungen. Diese seien „institutionelle Kreationen“ und stünden im Widerspruch zu der Realität, sagt Heiner Baumgarten von den Umweltbetrieben Bremen. Er fordert, Friedhöfe „mit Sinn zu erleben“. Sie seien ein Ort der Geschichte, der „dicht gepackte Informationen“ enthält, etwa über die Katastrophen der Stadt Bremen.
Deshalb böten die Umweltbetriebe auch Führungen über die Bremer Friedhöfe an. Laut Baumgarten sind diese regelmäßig ausgebucht. Auch das Umweltressort will die Nutzung der Ruhestätten verändern.
„Die Friedhöfe sind zentrale und große Grünflächen in der Stadt“, erklärt Staatsrat Ronny Meyer. Als weitere Nutzung seien Obstbäume oder Bienenzucht möglich. Er ergänzt: „Wir können Friedhöfe viel einladender gestalten“, denn unter ihnen befänden sich Gräber und Grünflächen, die er selbst als „Schätze“ bezeichnet. Eine Bebauung freier Flächen für Wohnraum lehne der Staatsrat allerdings ab. Dies gehöre nicht zu dem „Effizienzprogramm zur Verbesserung der Grünflächen“ des Umweltressorts.
Jutta Schmidt ist Mitglied des Bremer Ausschusses der evangelischen Kirche. Sie sieht die immer individuelleren Wünsche bei einer Bestattung gelassen. Auch eine kirchliche Beerdigung eröffne heute „viele Möglichkeiten“. So seien auch Musikwünsche während der Beisetzung auf dem Friedhof möglich. Es brauche aber eine offene Kommunikation mit dem Pastor, nur so könne man die „Leute erreichen“. jso
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