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Archiv-Artikel

Krumsieks Krummding?

Schwebebahn-Affäre erreicht Ex-Minister aus der Ära Rau

Ein Protagonist einer untergegangenen Epoche muss sich mit der Justiz herumschlagen. Gegen Rolf Krumsiek, SPD-Minister in der Ära von Ministerpräsident Johannes Rau, wird wegen des Verdachts des Subventionsbetrugs ermittelt. Ein neues Kapitel in der Affäre um Verschwendung von Millionensubventionen bei der Schwebebahn Wuppertal (taz berichtete) beginnt.

Jurist, Sozialdemokrat und ÖTV-Gewerkschafter Krumsiek wurde 1971 Oberstadtdirektor von Wuppertal. 1980 wechselte er auf Wunsch von Ministerpräsident Rau in die Landesregierung. Zunächst organisierte er als Staatskanzleichef die Regierungsgeschäfte. 1983 wurde der Hobby-Jäger Minister für Wissenschaft und Forschung. 1985 übernahm der Wuppertaler das Justizressort.

In den 90er Jahren geriet Krumsiek in der so genannten „Balsam-Affäre“ unter Druck. In dem Skandal um die Pleite des weltgrößten Sportbodenherstellers in Ostwestfalen wurden der Justiz schwere Ermittlungspannen vorgeworfen. Der zuständige Minister musste sich Rücktrittsforderungen anhören. Doch Krumsiek blieb im Amt und beendete erst 1995 seine Politkarriere.

Ein öffentliches Comeback feierte Krumsiek 1999. Nach dem Wuppertaler Schwebebahn-Unfall, bei dem das bis dahin als sicherstes Verkehrsmittel der Welt geltende Gefährt seinen Nimbus verlor, übernahm er die Leitung der Stadtwerke. Bei dem Unglück am 12. April 1999 waren fünf Menschen getötet worden. Ausgelöst hatte den Unfall eine Stahlkralle am Schienenweg, die bei Renovierungsarbeiten vergessen worden war.

Die damals noch amtierende SPD-dominierte Stadtspitze dürfte mit der Krumsiek-Nominierung das Ziel verfolgt haben, die Bahn mithilfe des alten Genossen aus den Negativschlagzeilen zu bringen. Doch daraus wurde nichts. Bei der unter Krumsiek eingeleiteten Generalüberholung des mehr als 100 Jahre alten weltberühmten Wahrzeichens der Stadt schnellten die geplanten Kosten rasant empor. Am Ende verschlang die Modernisierung 483 statt der ursprünglich eingeplanten 225 Millionen Euro – auch das Land NRW förderte die teuren Maßnahmen mit einer dreistelligen Millionensumme. Der Landesrechnungshof NRW monierte Vergaberechtsverstöße und Planungsfehler im Zuge des Ausbaus.

Nach Durchsuchungen auch im Haus des mittlerweile 71-jährigen Krumsiek wird jetzt brisanten Fragen nachgespürt: Hat das mit der Sanierung beauftragte Unternehmen nicht notwendige Arbeit abgerechnet? Wer hatte die Kostenexplosion zu Lasten des NRW-Steuerzahlers zu verantworten? Krumsiek wies die Vorwürfe in der Lokalpresse als „völlig absurd“ zurück. Der Subventionsgeber NRW sei doch in die Angelegenheit einbezogen gewesen: „Wenn ich in irgendeiner Sache ein gutes Gewissen habe, dann da.“ MARTIN TEIGELER