Berliner Szenen: Jahresbilanz Musik
Polyfones Quaken
Tierische Blasebälge, jawohl, von lebenden und von toten Tieren, haben mir in diesem Jahr zwei beglückende Konzerte beschert.
Im Frühsommer war es, als ich kurz vor Sonnenuntergang die übliche Route am Teltowkanal einschlage. Brillante Idee: Kein einziger Jogger ist mehr unterwegs, und die üppig grünenden Bäume werfen immer größere dunkle Schatten. Wenn jetzt der zwielichtige Typ mit seinem Schäferhund aufkreuzt, bin ich dran – kein Weg zweigt auf dieser Strecke ab, ich müsste wohl schwimmen.
Noch zwei Kurven, noceine, dann geradeaus bis zur Brücke. Ich kann sie schon sehen, traue aber meinen Ohren nicht. Da, hinter dem Zaun steigt in diesen Minuten ein Froschkonzert. Es müssen Hunderte sein in den verborgenen Tümpeln auf der anderen Seite des Kanals. Für Sekundenbruchteile treten einzelne Stimmen aus dem polyfonen Quaken hervor, gern würde ich mein Gehör an ihnen schulen, breche im Dunkeln aber lieber auf.
An einem dieser heißen Abende im Juli spielen dann Musiker der Berlin Pipe Company in der Turmruine der Gedächtniskirche. Ein paar von ihnen steigen in die große offene Fensterrosette unterhalb der gewaltigen Uhr. Der durchdringende Klang ihrer Dudelsäcke schallt weit über den Breitscheidplatz. Während oben so viel Luft zwischen Blasebälgen und Pfeifen zirkuliert, entsteht im Publikum unten fast zwangsläufig eine feierlich gestimmte Heiterkeit. Eine leichte Brise erfasst die Falten zweier Schottenröcke und erlaubt für den Hauch eines Moments verheißungsvolle Blicke auf Männerbeine.
Dudelsack war eines der ersten Instrumente, die ich lernen wollte, fällt mir jetzt wieder ein, nichts für kleine Mädchen. Im neuen Jahr muss ich dann unbedingt wieder nach Kleinmachnow fahren – zum Banjounterricht. Franziska Buhre
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen