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JÖRG SUNDERMEIER
Heute wird im Tristeza (Pannierstr. 5, 19 Uhr) die Frage „Mit Stalin und Noske an Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg (ge)denken?“ gestellt, und was absurd klingt – Stalin und Noske? – hat einen ernsten Hintergrund: Am Sonntag werden gleich zwei Gruppen an die 1919 im Auftrag der SPD-Regierung ermordeten Revolutionär_innen Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg erinnern, die sowohl bedeutende SPD-Mitglieder waren wie auch Gründer_innen der KPD. Die zwei Gruppen sind zum einen die Sozis (im Westteil der Stadt, am Landwehrkanal) und zum anderen die Kommis (im Osten, an der Grabstätte), die das jeweils ihnen Liebe aus den Werken und Worten der beiden picken und den Rest vergessen, wie sie auch gern die Geschichte ihrer jeweiligen Parteien oder Strömungen beschönigen. An diesem Abend nun soll geklärt werden, inwieweit es überhaupt noch Gemeinsamkeiten zwischen beiden Gedenkveranstaltungen gibt und was uns Liebknecht und Luxemburg überhaupt noch zu sagen haben.
Morgen wird in der Hofperle (Karl-Marx-Str. 131, 19 Uhr) „Über deutsche Kolonialgeschichte, aktuelle Rassismusdiskurse und Kämpfe dagegen“ gesprochen, Koray Günay-Yilmaz von der Rosa-Luxemburg-Stiftung und Patrick vom Flüchtlingscamp am Oranienplatz geben Auskunft über die aktuelle Situation.
Am Sonntag dann beginnt in aller Morgenfrühe am U-Bahnhof Frankfurter Tor (10 Uhr) der Gedenkmarsch für Liebknecht und Luxemburg, die traditionsreiche LL-Demo mithin, auf der Genoss_innen aus ganz Deutschland eindrücklich beweisen, was sie von den teuren Toten alles gelernt, und was viele von ihnen vor allem nicht gelernt haben. Als Spektakel gehört die Demo mittlerweile zu den frühen Touristenattraktionen im Jahr, die Wursthändler_innen rund um den Bahnhof Lichtenberg genießen den schönen Umsatz.
Am Montag schließlich wird in der Linse (Parkaue 25, 18.30 Uhr) das Antifa-Infocafé seine Tore öffnen, damit die Lesung aus dem Buch „Neue Nazis – Jenseits der NPD“ stattfinden kann, die über all jene rechten und rechtspopulistischen Gruppierungen informiert, die sich für rechte Politik nicht zu schade, für die NPD aber zu fein sind. Inwieweit diese aber Nazis und nicht vielmehr Rechtskonservative, Autokraten, Xenophobe und – lest endlich Zeev Sternhell, Leute! – Faschisten sind, sollten sich die Autor_innen vielleicht einmal fragen. Wenn man immer alles Nazi nennt, weiß man am Ende nicht mehr, was Nazi ist. Die Nazis hingegen wissen’s schon.
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