Smoothund soulful

SONGWRITER Marker Starling und sein Album „Rosy Maze“

Es war ein denkwürdiger Konzertabend, als ein zotteliger Chris Cummings in rosarotem 70er-Jahre-Las-Vegas-Anzug im Jahr 2004 in Berlin auf die Bühne trat. Ein plappernder Mob verwandelte sich in Nullkommanix in eine gebannte Zuhörerschaft, als er die ersten Piano-Akkorde anstimmte. Mit einem Wurlitzer-Piano vorgetragen, traten bezaubernde Songs zutage – unmöglich, nicht davon eingenommen zu werden.

Ein ähnliches Erweckungserlebnis stellt sich nun beim neuen Album des Kanadiers ein. Als „Mantler“ hatte der heute 46-jährige Songwriter bereits zwei Alben auf dem Kölner Label Tomlab veröffentlicht. Inzwischen hat sich Cummings einen neuen Künstlernamen zugelegt: Als Marker Starling veröffentlichte er dieses Jahr „Rosy Maze“. Waren seine vier Mantler-Alben noch vorwiegend von Stimme, Piano und Drum Computer getragene Lo-Fi Musik, nahm Cummings die Namensänderung zum Anlass, jegliche Zurückhaltung in der Produktion abzulegen. Der 4-Spur-Rekorder blieb in der Kammer, „Rosy Maze“ atmet nun den Geist plüschiger L.A.-Studios der mittleren 70er Jahre. Glockenspiel, Posaune, Vibrafon, Akkordeon, Cello, Waldhorn und allerlei Gesangsstimmen sind bei Cummings zu hören, dazu kommt das unverkennbare Wurlitzer-Piano.

Der aus Toronto stammende Cummings lernte bereits im Alter von sieben Jahren klassisches Klavier und nahm erste Songs auf. Cummings studierte Filmproduktion und arbeitet in seiner Heimatstadt Toronto fürs Filmfestival. Analogien zur aktuell beliebten Yacht-Rock-Welle scheinen offensichtlich, treffen aber nur teilweise zu. Smooth und soulful, das charakterisiert sowohl Marker Starlings Werk als auch die derzeit angesagte Musik.

Cummings’ Musik ist jedoch introvertierter und melancholischer, mehr Singer-Songwriter als funky Hüftschwung. Künstler wie Daniel Johnston stehen ihm offenbar näher als die kalifornische Musikszene der 70er Jahre. Der Lo-Fi-Charme des Frühwerks bleibt bestehen, wird nicht dem Bombast geopfert – und es wäre ohnehin an der Zeit, eine Lanze für das musikalische Frühwerk des Künstlers zu brechen. Denn so richtig ist Cummings, dessen frühere Alben bereits toll sind, noch nicht entdeckt worden. Dabei ist man auch da schon äußerst gerne gefangen in dessen rosigem musikalischen Labyrinth.

Alex Bechberger

Marker Starling live: Berlin, Smaragd Bar, 30. 11. 2015