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Archiv-Artikel

UM BUSH WIRD ES EINSAM KOMMENTAR VON BERND PICKERT

US-Präsident George W. Bush hat seine Kandidatin für den Obersten Gerichtshof der USA, Harriet Miers, zurückgezogen. Seit Bekanntgabe ihrer Nominierung hatten fast alle Sprecher der christlichen Rechten, die noch im vergangenen Jahr entscheidend zu Bushs Wiederwahl beigetragen hatten, gegen Miers’ Nominierung protestiert. Unmissverständlich machten sie klar, dass sie einen Kandidaten erwarteten, der bei ihren Schlüsselthemen – allen voran beim Recht auf Abtreibung – klar konservative Positionen vertritt. Bush hatte gehofft, durch sein persönliches Eintreten für die Kandidatin zu überzeugen. Er hat sich verrechnet.

Nur ein Jahr ist von Bushs zweiter Amtszeit vergangen und schon ist alle Kraft verpufft, die er nach der Wahl zu haben glaubte. Als wiedergewählter Präsident mit konservativer Mehrheit in beiden Kammern schien seine Ausgangssituation luxuriös. Stattdessen sind die Partei, die Regierung und ihre Basis inzwischen völlig zerstritten und die Umfragewerte des Präsidenten erreichen einen Tiefststand. Darüber hinaus sind die wichtigsten Organisatoren konservativer Mehrheiten von Strafverfahren bedroht und somit handlungsunfähig. Möglicherweise wird heute Bushs engster Berater Karl Rove angeklagt – und damit die gesamte Irakpolitik der Bush-Regierung.

Der US-Präsident wurde von seinen eigenen Leuten zur „Lame Duck“ geschossen. Eine solche Position ist zum Ende der zweiten Amtszeiten unausweichlich, zu deren Beginn aber Ausdruck eine echten Regierungskrise. Wenn Bush jetzt doch noch einen klar konservativen Kandidaten für den Obersten Gerichtshof präsentiert, bekommt er es nicht nur im Senat mit den Demokraten zu tun. Möglicherweise könnten auch die wenigen noch verbliebenen moderaten Republikaner das Bestätigungsverfahren torpedieren.

Der vor einem Jahr so kraftstrotzende Präsident kann offensichtlich nichts mehr durchsetzen. Verwundert reiben sich die Demokraten die Augen und wissen vor Glück kaum, wie ihnen geschieht. Sie haben zu der Misere des Präsidenten nichts beigetragen und bleiben sprachlos. Das wiederum ist auch kein gutes Zeichen.

ausland SEITE 9