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Archiv-Artikel

Der Rausch vorbei, Oskar Lafontaine weg

Landesparteitag der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit in Witten: Debatten über Finanzlage und Fusion mit dem Bündnispartner Linkspartei.PDS erwartet. NRW-Spitzenkandidat Lafontaine „wahrscheinlich“ nicht vor Ort

WITTEN taz ■ „Der Rausch ist zu Ende“ – die NRW-Wahlalternative läutet im Leitantrag für ihren Wittener Landesparteitag die nüchterne Phase der Parteientwicklung ein. Heute und morgen wollen die rund 180 WASG-Delegierten über ihre Zukunft als linke Opposition im Bundestag debattieren. Gut ein Jahr nach dem turbulenten Gründungstreffen in Duisburg und einer Transformation von „fast rauschhafter Geschwindigkeit“ vom APO-Amateurclub zur Parlamentslinken, kehrt bei der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit der politische Alltag ein.

Im politischen Leitantrag des Landesvorstands wird auch der Erfolg des Linksbündnisses mit der PDS bei der Bundestagswahl am 18. September abgefeiert: „Wirkliche Wahlsiegerin ist die Linkspartei, die mit einer unmissverständlichen Position gegen die Umverteilung und gegen das gesamte so genannte Reformpaket der Neoliberalen 54 Abgeordnetensitze gewann und von 4,1 Millionen WählerInnen unterstützt wurde.“ Von der sich abzeichnenden großen Koalition in Berlin erwartet die WASG weder eine fortschrittliche Politik noch eine lange Lebensdauer: „Erneute vorgezogene Wahlen zu einem Bundestag sind deshalb in mögliche Entwicklungsvarianten mit einzubeziehen.“

Wichtigste Debattenthemen in Witten sind – neben der bundespolitischen Lage – die finanzielle Situation des WASG-Landesverbandes und das Tempo der geplanten Fusion mit der Linkspartei.PDS. Seit Monaten streiten die Wahlalternativen darüber, ob es im NRW-Landtagswahlkampf unter Führung des damaligen Landessprechers und jetzigen Bundestagsabgeordneten Hüseyin Aydin zu Managementfehlern und finanziellen Unregelmäßigkeiten gekommen ist. Zwei Stunden sind beim Parteitag für dieses Debattenthema angesetzt. Weil aufgrund satzungsrechtlicher Kontroversen eine erneute Neuwahl des Landesvorstands notwendig werden könnte, wird der Wittener Parteitag am kommenden Wochenende in Düsseldorf fortgesetzt.

Bei der geplanten Verschmelzung mit der Linkspartei.PDS plädiert WASG-Landeschef Wolfgang Zimmermann für einen „gründlichen, seriösen Prozess“. Er sei für ein „breites gesellschaftliches Bündnis“ auf der Linken, das nicht in „drei bis sechs Monaten“ zusammengebracht werden könne, so Zimmermann gestern zur taz. Eine Fusion werde „wahrscheinlich nicht vor Ende 2006, Anfang 2007“ kommen. Andere WASG-Aktivisten drücken derweil aufs Tempo. Der Essener WASG-Chef Wim Ehlers war beispielsweise vor einigen Wochen zurückgetreten, weil er ein Zeichen für eine raschere Fusion setzen wollte. „Wir sollten uns nicht auf den Aufbau der WASG konzentrieren, sondern weiter an einem breiten Bündnis arbeiten“, so Ehlers. Der Essener forderte mehr Mut und weniger Vereinsmeierei bei der WASG. „Wir haben einen klaren Wählerauftrag für eine starke linke Kraft“, sagte Ehlers. Die PDS-NRW hat rund 1.500 Mitglieder. Die WASG zählt 3.000 Parteigänger im größten Bundesland.

Das prominenteste WASG-Parteimitglied dürfte beim Landesparteitag wohl fehlen. NRW-Spitzenkandidat und Linke-Fraktionschef Oskar Lafontaine werde in Witten „wahrscheinlich“ nicht anwesend sein, heißt es aus dem Landesvorstand: „Oskar ist zwar für uns als Spitzenkandidat angetreten, aber sein politisches Standbein hat er doch eher im Saarland.“ MARTIN TEIGELER