: Mit 30 wird alles gut
KRACH Die Grünen fordern flächendeckend Tempo 30 in Hamburg, um die Gesundheitsgefährdungen durch Autolärm zu minimieren
Dezibel (dB) ist die Maßeinheit für Geräusche. Zehn Dezibel mehr bedeuten eine Verdoppelung des Lärms.
■ 10 dB: ruhiges Atmen
■ 20 dB: Flüstern
■ 35 dB: Grenzwert für Nachtgeräusche in Wohngebieten
■ 50 dB: normale Unterhaltung
■ 60 dB: laute Unterhaltung; Stressgrenze
■ 85 dB: Gehörschutz im Gewerbe vorgeschrieben
■ 100 dB: Motorrad, Kreissäge
■ 120 dB: Disco
■ 130 dB: Düsenflugzeug, Schmerzschwelle
Den Grünen ist es zu laut auf Hamburgs Straßen. Deshalb wollen sie den „krank machenden Lärm spürbar verringern“, wie der verkehrspolitische Sprecher der Bürgerschaftsfraktion, Till Steffen, am Freitag sagte. Seine Idee: „Tempo 30 nachts auf allen Straßen“, um einen Höchstwert von 60 Dezibel einhalten zu können. Das entspricht der Lautstärke eines normalen Gesprächs. Zurzeit wird Verkehrslärm mit 75 Dezibel veranschlagt, 80 Dezibel gelten als gesundheitsgefährdend, LKWs liegen mit 90 Dezibel noch darüber.
„Wir wissen, dass die Effektivität der Maßnahme gegeben ist“, sagte Steffen, und bezog sich dabei auf die Erfahrungen anderer Städte wie beispielsweise Berlin. Mit dieser Maßnahme könnte Verkehrslärm spürbar verringert werden, glaubt Steffen, „und zwar in einem Maße, das einer Halbierung der Verkehrsmenge entspricht“.
So könnte sehr vielen Lärmbetroffenen ohne teure und laute Bauarbeiten geholfen werden. „Wenn wir im Kampf gegen den Verkehrslärm vorankommen wollen, brauchen wir einen klaren Schritt wie diesen – der zudem mit nur geringen Kosten verbunden ist“, sagte Steffen. Einen entsprechenden Antrag wollen die Grünen für die Bürgerschaftssitzung am 13. Februar stellen.
Nach Untersuchungen sind etwa 150.000 HamburgerInnen tags und nachts von übermäßigem Verkehrslärm betroffen. Im Hamburger Lärmaktionsplan sind 15 Einzelmaßnahmen enthalten, die aber nur höchstens fünf Prozent der Betroffenen helfen würden. Weil in diesem Jahr die Planungen nach den Vorgaben der EU erneuert und überarbeitet werden müssen, seien weitere Maßnahmen notwendig, so die Grünen.
Zudem würde bei einer Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h nicht nur der Lärm sinken. Die Belastung der Atemluft mit Feinstaub würde sich um etwa sechs Prozent vermindern, die Zahl und Schwere von Verkehrsunfällen um bis zu 80 Prozent. In London habe Tempo 30 die Zahl der Verkehrstoten nahezu halbiert, zitiert Steffen aus einer englischen Untersuchung. Demgegenüber verlängere sich nach einer Studie aus Friedrichshafen die Fahrzeit auf fünf Kilometer um höchstens 80 Sekunden – „das ist doch hinnehmbar“, findet Steffen.
„Das werden wir uns erstmal in Ruhe ansehen“, bremst die Verkehrspolitikerin der SPD, Martina Koeppen. Steffens Vorschläge würden im Februar in den Verkehrs- und den Umweltausschuss überweisen und dort „gründlich auf ihre Tauglichkeit untersucht“. SVEN-MICHAEL VEIT