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Archiv-Artikel

Aliens in Schönefeld gelandet

DAS FLUGHAFENDESASTER II

Gesendet werden nur alte Baustellenbilder

Bilder von wüstgefallenen Städten gibt es in Science-Fiction-Filmen häufiger – die von New York in „I Am Legend“ von Will Smith oder in John Carpenters „Klapperschlange“ gehören dazu. Filme über Flughafenruinen gibt es bisher nicht. Das könnte sich ändern. Ausgerechnet der Technikchef des Flughafens BER, Horst Amann, könnte zum Stichwortgeber für hübsch apokalyptische Drehbuchprojekte werden. Ihre Titel: „Rohbau des Grauens“ oder „Lost in the Desert“.

In einem Radiointerview hatte Amann freimütig eingeräumt, die Probleme auf der BER-Baustelle seien „leider Gottes heftig, sehr heftig, fast grauenhaft“. Mit seiner Wortwahl verlässt der Krisenmanager und Ingenieur die Ebene des Rationalen und der Beherrschbarkeit der Technik und rettet sich in die Sphäre des Religiösen („leider Gottes“) und der Kräfte des Bösen („grauenhaft“). Ein Film über das Innenleben von Schönefeld wäre demnach ein Horrorstreifen, in dem Erlösung kaum mehr möglich ist, da Gott im Himmel bereits seinen Daumen gesenkt hat über Berlin.

Befeuert wird das Höllenszenario dadurch, dass die Flughafenbaustelle im Grunde eine Blackbox ist. Journalisten ist der Zutritt in der Regel untersagt. Nur die Mitglieder des BER-Untersuchungsausschusses durften vor einigen Wochen über die Baustelle, allerdings nur auf vorgegebenen Routen. Wo das Konkrete fehlt, wächst das Ungefähre und Schemenhafte – und jedes Detail, das an die Außenwelt dringt, wird zum Gegenstand der Projektion. Zum Beispiel die Risse im Natursteinparkett. Über den noblen Fußboden donnern seit einiger Zeit die Baufahrzeuge, die Abdeckung ist verschwunden. Die Flughafenbaustelle wird zum Symbol mutwilliger Zerstörung und kulturellen Niedergangs. So stellt sich das Publikum wohl auch Großbaustellen in Afrika vor.

Am Tag nach der neuerlichen Verschiebung des Eröffnungstermins sendeten ARD und ZDF Bilder von der Baustelle. Alte Bilder. Sie zeigten eine Putzkraft, die mit einem Staubtuch fast hilflos gegen den Schmutz in einem Terminal ankämpfte, das schon vor der Inbetriebnahme wieder sanierungsreif ist. So steckt im größten Infrastrukturprojekt der Region auch ein Stück griechische Tragödie. Pyrrhus lässt grüßen.

Neue Bilder gibt es nicht. Es wären wohl Bilder von Kabel- und Luftschächten, die bald wieder zurückgebaut werden. Zumindest dafür gäbe es ein filmisches Vorbild: Ridley Scotts „Alien“. Dort heißt es im Trailer: „In space no one can hear you srceam.“ UWE RADA