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Große Pazifistenunter dem Korb

BASKETBALL Mit einem erstaunlich körperlosen Auftritt scheitert der FC Bayern wieder einmal bei Alba Berlin. Der Meisterschaftsfavorit stecktimmer noch in der Findungsphase

BERLIN taz | Vollkörperkontaktsportarten nennt man etwas euphemistisch diejenigen Wettbewerbe, bei denen es richtig krachend zur Sache geht. Und wenn man am Sonntagabend Svetislav Pesic, den Trainer des FC Bayern München, so reden hörte, dann muss man den Basketball unbedingt auch mit diesem Label versehen. „Dass wir gerade beim Rebound nicht besser ausgeboxt haben, war meiner Meinung nach heute entscheidend“, sagte Pesic nach der deutlichen 74:90-Niederlage bei Alba Berlin. Insbesondere das Zustandekommen dieses Ergebnisses musste sich für den Meisterschaftsfavoriten wie eine K.-o.-Niederlage im Ring anfühlen. Von Beginn an hechelte man vergeblich einem großen Rückstand hinterher.

Die mangelnde Kampfbereitschaft, die fehlende „körperliche Antwort“ verärgerte Pesic maßlos. Und so erklärte er die geringe Spielzeit, die er seinem Center und Schlüsselspieler John Bryant gab, recht barsch: „Er war einfach nicht dabei. Er hat mehr geweint als gespielt.“ Nach Lesart des Trainers hatten seine Schützlinge dem Gegner den Sieg regelrecht aufgedrängt, weil sie sich unter dem eigenen Korb viel zu pazifistisch verhielten. Irgendwann müsse man doch treffen, erklärte der 66-Jährige, wenn man zweimal in Folge danebengeworfen habe und dennoch einen dritten Versuch geboten bekäme. Mit 14:6 lag das Heimteam bei den Offensivrebounds in der Tat recht deutlich vorn.

Was Pesic aber vermutlich noch mehr zur Verzweiflung brachte, war die Absehbarkeit des Geschehens. Er verwies darauf, dass man bereits in den vergangenen Jahren des Öfteren in der Hauptrunde an der Aggressivität der von Sasa Obradovic betreuten Alba-Teams gescheitert sei. Erst wenn es dann in den Playoffs ernst wurde, behielten die individuell stärker besetzten Münchner die Oberhand – in der vergangenen Saison etwa im Halbfinale um die Meisterschaft.

Diese Erinnerung dürfte wohl auch Obradovic im Hinterkopf gehabt haben, als er am Sonntag gefragt wurde, ob dieses Spiel eine grundsätzliche Aussagekraft in Bezug auf die Leistungsstärke der beiden Teams habe. „Wir haben November“, erinnerte er. In der Spielzeit davor sei Alba gar bis zur Weihnachtszeit ungeschlagen geblieben. In den frühen Saisonphasen scheint Alba von der bedingungslosen Leidenschaft, die der Trainer dem Team eingeimpft hat, besonders zu profitieren. Bemerkenswert ist das dennoch, weil die Berliner vor dieser Saison wieder eine große Fluktuation zu verkraften hatten. Sieben Neuzugänge standen gegen den FC Bayern im Kader. Die Tabelle führen die Berliner, die ihre acht Partien allesamt gewonnen haben, dennoch souverän an. Auch die Bamberger, der zweite große Meisterschaftsfavorit, musste in Frankfurt bereits seine zweite Saisonniederlage hinnehmen.

Das Pesic-Team, das aufgrund seiner finanziellen Spielräume im Unterschied zu Alba auf Kontinuität setzen kann, scheint trotzdem kurioserweise noch mitten in der Findungsphase zu stecken. Mit drei Niederlagen in Serie waren die Münchner bereits mit wenig breiter Brust nach Berlin gereist. Wobei die unbestreitbar hohe Klasse des Teams beim Euroleague-Gewinner Real Madrid Anfang November durchaus schon zum Vorschein kam.

Denkbar knapp unterlag man bei Real 99:101. Und die jüngste erfolgreiche Vereinsgeschichte hat den FC Bayern sowieso größte Gelassenheit gelehrt. Vor dem Alba-Spiel hat Svetislav Pesic bereits bekundet: „Ich bin eigentlich total ruhig, was die Qualität unserer Mannschaft angeht.“ Diese Grundeinstellung dürfte sich auch nach der traditionellen Saisonniederlage in Berlin nicht geändert haben. Johannes Kopp

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