: „Es muss jetzt einer dran glauben“
Prozess Mann, der einen Gutacher im Jobcenter umgebracht hat, litt an schizophrener Psychose
Er habe den 61-jährigen Mann vorsätzlich getötet, so die Begründung des Vorsitzenden Richters Körner. T.s schizophrene Psychose wurde begünstigt durch regelmäßigen Haschischkonsum. Die Psychose wurde zwar zunächst erfolgreich behandelt, T. konnte sein Studium fortsetzen. Doch dann verstärkte T. seinen Drogenkonsum wieder erheblich, weshalb die Psychose wieder schlimmer wurde. T. gehört zu einer sehr kleinen Gruppe von Personen – etwa ein bis zwei Prozent der Bevölkerung –, bei der regelmäßiger Cannabiskonsum eine schizophrene Episode auslösen könne. Er hatte zum Tatzeitpunkt einem akuten Schub. „Es muss jetzt einer dran glauben“, beschrieb Körner die Gedankenwelt von T., er hatte „einen Tunnelblick“.
Es war ein Prozess, bei dem viele anfängliche Annahmen über den Haufen geworfen wurden. Ein Streitgespräch im Jobcenter zwischen dem späteren Opfer M. und der Arbeitsvermittlerin, das den Angeklagten T. provoziert haben soll, gab es laut Arbeitsvermittlerin nicht. Das besagte Gutachten, von dem T. eine Einweisung in eine psychiatrische Einrichtung befürchtete, soll überhaupt nicht zur Sprache gekommen sein. Vielmehr war sogar von einem Mitnahmesuizid, den T. plante, die Rede. „Er hat mich gebeten, ihn mit meiner Dienstwaffe zu erschießen“, sagt der Polizist Christoph L. aus Erlangen.
Und so wurde im Lauf des Verfahrens das Bild eines Angeklagten deutlich, dem sein Leben schon als Teenager komplett entglitt. Matthes Egger, Anwalt der Nebenklage, bezeichnete ihn als einen Menschen, der nie in seinem Leben Verantwortung übernommen habe und bei Schwierigkeiten in den Drogenkonsum geflüchtet sei. „Mit dem Mord an M. habe er „einmal der Stärkere sein wollen“, ergänzte Eggers Kollege Bernhard Ixmeier.
„Ich kann nur erklären, es tut mir leid“, murmelt T., als ihm der Vorsitzende Richter Körner zum letzten Mal das Wort erteilt. So leise und undeutlich, dass man es kaum hören konnte. Annette Walter
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen