Der Caritas wird Nächstenliebe zu teuer

PFLEGE MitarbeiterInnen der Caritas Pflege GmbH kämpfen gegen Lohnkürzungen: Im November meldete der katholische Träger Caritas für seine GmbH und damit für vier Altenheime Insolvenz an

Seit 2006 ist die „Caritas Pflege“ eine eigene GmbH. „Seitdem leben wir mit dem Druck, die Personalkosten seien zu hoch“

RENATE GUTSFELD, Mitarbeiter- vertreterin im Altenheim St. Michael

MitarbeiterInnen der Caritas Pflege GmbH befürchten Lohnkürzungen durch das Insolvenzverfahren. Im November hatte die Caritas-Tochter für ihre vier Bremer Altenheime die drohende Zahlungsunfähigkeit angemeldet – es fehlen 1,5 Millionen Euro. Das Insolvenzfahren beginnt im Februar. Betroffen sind die Pflegeheime „St. Michael“, „St.Franziskus“, „St. Laurentius“ und „St Birgitta“ mit insgesamt 260 MitarbeiterInnen. Der Betrieb soll weiterlaufen, allerdings drohen Einschnitte. Rund 100 Angestellte demonstrierten deshalb am Mittwoch vergangener Woche vor der Zentrale des Caritas-Verbands.

„Wir lassen uns das nicht einfach so gefallen“, sagte Renate Gutsfeld, Mitarbeitervertreterin des Heimes St. Michael zur taz. „Wir haben gute Häuser und sind gut ausgelastet“, so Gutsfeld. Gründe für die Schieflage sieht sie gemeinsam mit den anderen Mitarbeitervertretungen auch in einem schiefen Verhältnis zum Dachverband: 2006 war unter anderem die Caritas-Pflege in eine vom Caritasverband formal unabhängige Tochter-GmbH umgewandelt worden. „Seitdem leben wir mit dem Druck, die Personalkosten seien zu hoch“, so Gutsfeld. Die Pflege-Gesellschaft trage jedoch auch Kosten für den Bau und Unterhalt von Kapellen. „Das ist Aufgabe der Kirche und der Caritas, nicht der Pflege GmbH“, heißt es in einem gemeinsamen Flugblatt der Mitarbeitervertretungen. Weiterhin seien die Pachten an den Caritasverband zu hoch – um etwa 180.000 Euro höher, als von den Kostenträgern anerkannt. Defizitäre Bereiche, die die Pflege GmbH im Interesse des Caritas-Verbandes mittrage. Der Dachverband solle das zukünftig selber übernehmen, statt sie durch Lohnkürzungen zu finanzieren.

„Wir nehmen die Bedenken natürlich ernst“, sagte Caritas-Sprecherin Simone Lause. Das Finanzierungsverhältnis zwischen Verband und GmbH sei jedoch komplizierter, als von den Mitarbeitervertretungen angenommen. Die Probleme lägen nicht nur in zu niedrigen Pflegesätzen, es gehe auch insgesamt darum, dass Kosten nicht durch Einnahmen gedeckt seien. Die eigenständigen GmbHs innerhalb der Caritas seien jedoch gegründet worden, „damit nicht mit Spendenmitteln der Caritas, die für konkrete Hilfen für Menschen in Not bestimmt sind, eine finanzielle Schieflage subventioniert wird, die strukturell bedingt ist“, so Lause. 80 Prozent der Ausgaben seien Personalkosten. Zum Thema Löhne wolle die Caritas den laufenden Gesprächen des Insolvenzverwalters nicht vorgreifen. Die Caritas zahle überdurchschnittlich hohe Gehälter, von 2008 bis August 2013 werden sie um mehr als 18 Prozent gestiegen sein. Grundsätzlich sei sie aber der Ansicht, dass „die sehr gute Leistung der Mitarbeitenden überdurchschnittlich bezahlt werden sollte“.

Uwe Schmidt, Bremer Fachbereichsleiter bei Verdi, rechnet mit Lohnkürzungen: „In Bremen gab es diverse Insolvenzen, der Hansa-Gruppe, der Pension-Horn, der Awo. Das hat bei den Beschäftigten zu Einbußen geführt.“ Die Konkurrenz unter den Pflegeeinrichtungen sei in Bremen „riesig“, es gebe ein erhebliches Überangebot, an die 1.000 stationäre Plätze stehen leer, schätzt Schmidt. Den christlichen Dienstgemeinschaften Caritas und Diakonie müsse man zugute halten, dass ihre Löhne dem Tarif angeglichen seien. „Sie konkurrieren mit privaten Anbietern, mit viel geringeren Preisen – ich wüsste keinen Einzigen, der nach Tarif zahlt.“ Eigentlich müssten die Kassen das in den Pflegesätzen berücksichtigen. Schmidt: „Das Problem ist: Die Pflegekassen machen das zum Teil nicht mit.“  JPB