: Neue Risiken für Investoren
ATOMKRAFT China steigt beim britischen AKW-Neubau Hinkley Point C ein – aber mit weniger Geld als erhofft. Experten kritisieren, dass das Erdbebenrisiko ignoriert wurde
AtomGutachter Wolfgang Renneberg
von Malte Kreutzfeldt
Mit dem Anteil von einem Drittel fällt das Engagement der Chinesen geringer aus als von den Briten zuvor erhofft: Ursprünglich war ein 40-prozentiger Anteil im Gespräch. Nachdem der Kraftwerksbauer Areva seine Beteiligung aus finanziellen Gründen aufgeben musste und andere potenzielle Investoren aus der Golfregion das Interesse verloren, sind die chinesischen Staatskonzerne die einzigen Investoren neben dem französischen Staatskonzern EDF, der das neue AKW betreiben soll. Ein verbindlicher Vertrag soll erst in den nächsten Wochen unterzeichnet werden.
Kritiker des geplanten AKW sehen das geringere Interesse als Erfolg. „Die Investoren wissen, dass Hinkley Point C für sie zum milliardenschweren Risiko werden kann“, sagt Sönke Tangermann vom Stromanbieter Greenpeace Energy, der – wie die Regierung Österreichs – vor dem Europäischen Gerichtshof dagegen klagt, dass die EU die massiven Subventionen Großbritanniens für das neue AKW genehmigt hat. Die Betreiber bekommen neben Kreditgarantien in Milliardenhöhe einen garantierten Strompreis, der doppelt so hoch wie der Marktpreis liegt – und weit höher als bei erneuerbaren Energien.
Zusätzlich steigen könnte das Risiko der Investoren durch ein neues Gutachten zur Sicherheit des neuen AKW. Die sogenannte probabilistische Sicherheitsanalyse sei „nachweislich unvollständig“, schreiben darin die Atomexperten Steven Sholly und der frühere deutsche Atomaufseher Wolfgang Renneberg. Das Risiko eines Erdbebens werde bei der Sicherheitsschätzung komplett ausgeblendet. Daher sei die Analyse der Betreiber „irreführend“, sagt Renneberg. Es sei zu vermuten, dass die Sicherheitsabschätzung deutlich schlechter ausfiele, wenn man das Erdbebenrisiko einbeziehen würde.
Nach Ansicht der Grünen im Deutschen Bundestag belegt das neue Gutachten die Notwendigkeit, dass sich auch die deutsche Regierung gegen den AKW-Neubau in Hinkley Point einsetzt. „Es wird Zeit, dass die Bundesregierung sich ein Beispiel an Österreich nimmt und Großbritannien die Rechtsverstöße nicht mehr durchgehen lässt“, sagt die atompolitische Sprecherin Sylvia Kotting-Uhl.
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