: Blaumänner an die Waffen
Aus Grün wird Blau: Ab November soll die Bundespolizei die Uniformfarbe wechseln, hat Schily verfügt. Gewerkschaft fürchtet eine „Patchwork-Polizei“, die teils die alte, teils die neue Kleidung trägt. US-Studie: Blaue Uniform wird mit „Bösem“ assoziiert
VON OTTO DIEDERICHS
Bis vor kurzem kam in Deutschland nur die Wasserschutzpolizei – im Jargon „Entenpolizei“ genannt – blau gewandet daher. Das wird sich in den nächsten Jahren ändern. Bei einem seiner letzten Presseauftritte als Bundesinnenminister stellte Otto Schily (SPD) Mitte des Monats die neuen blauen Uniformen der Bundespolizei, des früheren Bundesgrenzschutzes, vor.
Im November soll die Umkleideaktion beginnen. Da die meisten europäischen Polizeien Blau trügen, gelte dies als Standardfarbe für Polizeiuniformen, so Schily. Somit habe die Bundesrepublik hier einen „Nachholbedarf“.
Ausgedacht hat sich den Farbwechsel der einstige Hamburger Innensenator Ronald Schill, der das Outfit seiner Polizisten als „Kartoffelsäcke“ schalt und gleich mit einem Uniformwechsel begann. Über 100 Polizisten patrouillieren an der Alster inzwischen in Blau. Hessen und Niedersachsen unterstützten die Idee eines Farbwechsels der Polizistenuniform. Die meisten übrigen Innenminister, insbesondere aus den ostdeutschen Bundesländern, waren indes dagegen. Gute fünf Jahre hat die Innenministerkonferenz darüber gestritten. Mit Schilys Vorstoß ist die Sache nun entschieden: Deutschlands Polizei wird blau. Die übrigen Bundesländer werden schrittweise nachziehen.
Dass die seit Ende 1976 getragenen grün-beigen Polizeiuniformen aussortiert werden, ist somit nur eine Frage der Zeit. Auf einen Schlag allerdings ist die Umfärbung der Ordnungshüter nicht zu realisieren. Die Modenschau auf der Straße kostet Millionen. Zwangsläufig wird sich das bereits jetzt bestehende farbliche Durcheinander bei der deutschen Polizei also weiter verstärken. Polizeifahrzeuge kommen wahlweise in Grün-Weiß, Grün-Silber oder in Komplettgrün daher – auf brandenburgischen Autobahnen hingegen in Blau-Weiß. Noch sind die Beamten und Beamtinnen überwiegend in Beige-Grün oder Tannengrün gekleidet und nur vereinzelt in Blau.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht Deutschlands Schupos für unabsehbare Jahre denn auch nicht zu Unrecht auf dem Weg zu einer „Patchwork-Polizei“. Eine Veränderung beim Zuschnitt und bei den Stoffen hält man auch hier für richtig. Schließlich sei die Uniform für die Beamten „der Arbeitsplatz“, sagt Rüdiger Holecek, Pressesprecher des GdP-Bundesvorstandes. Die Begeisterung für die neue Farbe allerdings halte „sich in Grenzen“, die Unterscheidbarkeit zwischen Polizeibeamten und Angehörigen privater Sicherheitsdienste werde geringer. Zur Begründung des Farbwechsels wird neben einer europaweiten Einheitlichkeit unterdessen sogar Goethes Farbenlehre bemüht. Das bisherige Gelb-Grün, so Luigi Collani, der Designer der Hamburger Uniformen, mache „die Leute doch aggressiv“. Wenn er sich nur nicht irrt. Die neuen Blaumänner könnten sich auch als fataler Fehler erweisen. Bereits 2001 berichtete das amerikanische „FBI Law Enforcement Bulletin“, dass Untersuchungen in den USA ergeben haben, dass helle Polizeifarben eher mit „Gutem“ und mit Freundlichkeit assoziiert werden – allerdings auch mit Schwäche. Dunkle Farben werden demgegenüber zwar mit Stärke gleichgesetzt, aber auch mit „Bösem“. Eine empirische Befragung von Personen, die wegen Polizistenmordes verurteilt wurden, ergab zudem, dass die Erscheinung und das Auftreten der Cops für die Gewaltbereitschaft der Täter von entscheidender Bedeutung waren. Eine Wirkung, die man deutschen Polizisten und Polizistinnen nicht wünschen mag. In den USA werden inzwischen denn auch Zweifel laut, ob die dortigen dunklen, nicht selten paramilitärisch anmutenden Polizeiuniformen nicht besser geändert werden sollten.