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Archiv-Artikel

Obama auf Konfrontationskurs

USA Der Bundesstaat New York und Präsident Obama preschen für mehr Waffenkontrolle vor. Die Waffenlobby ruft auf zum Widerstand

Mehr als 200 republikanische Kongressabgeordnete erhalten Geld von der NRA

VON BERND PICKERT

BERLIN taz | Der Staat New York ist vorgeprescht: Am späten Dienstagabend unterzeichnete der demokratische Gouverneur Andrew M. Cuomo ein Gesetzespaket, mit dem New York zum Bundesstaat mit der striktesten Kontrolle des individuellen Waffenbesitzes in den gesamten USA wird. Kernstück ist ein erweitertes Verbot halbautomatischer Sturmgewehre – definiert als Waffen, die bestimmte militärische Merkmale aufweisen. Und: Magazine mit mehr als sieben Schuss sind verboten – bislang waren in New York noch Magazine mit zehn Schuss erlaubt. Außerdem soll vor der Abgabe von Waffen der persönliche Hintergrund der potenziellen Käufer strikter durchleuchtet werden als bisher. Das Gesetzespaket war mit großer Mehrheit von beiden Kammern des Bundesstaates verabschiedet worden.

Am Mittwoch stellte auch Präsident Barack Obama eine Reihe von Initiativen vor, die sich stark am New Yorker Vorbild orientierten. Neben dem Sturmwaffenverbot, dem Verbot großer Magazine – Obama sprach allerdings von zehn Schuss, nicht von sieben – und besseren Hintergrundchecks soll demnach künftig auch eine Neuregelung des privaten Waffenverkaufs gelten. Auch bislang gibt es schon bei Waffenkäufen bei staatlich lizensierten Händlern bereits die Pflicht zum Hintergrundcheck – bei Privatverkäufen und auf Waffenmessen allerdings nicht. Rund 40 Prozent aller Waffen werden jedes Jahr auf diesen Messen verkauft – ein bekanntes Schlupfloch, dessen Schließung schon lange gefordert wurde. Was große Magazine angeht, so wird überlegt, nicht nur den An- und Verkauf, sondern auch den Besitz unter Strafe zu stellen – das würde all jene betreffen, die solche Magazine bereits erworben haben. Wie ein solches Verbot allerdings durchgesetzt werden sollte, ist völlig unklar.

Obama weiß, dass es im Kongress schwierig wird, neue Waffenkontrollgesetze durchzubringen, auch wenn die öffentliche Meinung seit dem Amoklauf von Newtown vor einem Monat gekippt ist. In einer jüngsten Umfrage sprechen sich immerhin 58 Prozent der Befragten für bessere Kontrollen aus. Die Waffenlobby, allen voran die National Rifle Organisation (NRA), allerdings bleibt bei ihrer Ablehnung. Sie wird ihren Einfluss geltend machen – immerhin erhalten mehr als 200 republikanische Abgeordnete Spenden der NRA.

Obama will versuchen, den Kongress so weit wie möglich zu umgehen. Bis zu 19 Exekutivmaßnahmen sollen auf seiner Liste stehen, berichtete die Washington Post vorab – von der Finanzierung von Forschungsprojekten zur Waffengewalt bis zur Verstärkung von Polizeipräsenz an Schulen. Der Präsident, erklärte Sprecher Jay Carney am Dienstag, wolle die „Geißel der Waffengewalt in diesem Land“ insgesamt bekämpfen. Rund 6.500 Menschen starben in den USA 2011 durch Schusswaffen – die meisten davon durch einfache Handfeuerwaffen.

Über deren Verbot wird freilich nicht nachgedacht, über eine bessere Registrierung auch der bereits im Umlauf befindlichen Waffen jedoch schon. Bis zu 300 Millionen Schusswaffen sind derzeit in den USA im Umlauf, ganz genau weiß das niemand.

Die NRA hat ihrerseits zum Gegenangriff angesetzt und schimpft Obama einen Elitisten und Heuchler. In einem Spot, der auf der NRA-Website zu sehen ist, heißt es, während Obamas Kinder an der Schule gleich von mehreren Bodyguards beschützt würden, würde er den Kindern einfacher Leute bewaffneten Schutz an der Schule nicht zugestehen. Als Reaktion auf das Schulmassaker von Newtown hatte die NRA gefordert, Personal an den Schulen zu bewaffnen.

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