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„EU soll Flüchtlinge abholen“

Diskussion Die Europäische Union muss legale und sichere Fluchtwege schaffen, fordern Unterstützer

Foto: privat
Harald Möller-Santner

64, ist Chemieingenieur, organisiert die Ottensener Gespräche und unterstützt Lampedusa-Flüchtlinge.

taz: Herr Möller-Santner, sollte die EU Flüchtlinge mit Schiffen aus Nordafrika abholen?

Harald Möller-Santner: Ja, alles, was die Reise der Flüchtlinge nach Europa sicherer macht, ist zu begrüßen. Die Menschen kommen sowieso. Sie haben dafür auch gute Gründe, leben in Not und Elend und sind von Kriegen bedroht. Oft tragen dafür auch europäische Staaten eine Verantwortung, zum Beispiel durch ihren Waffenexport.

Was unterscheidet Schleuser und Fluchthelfer?

Jeder, der Flüchtlingen hilft, aus ihrer verzweifelten Situation herauszukommen, ist ein Fluchthelfer, der etwas Richtiges tut. Schlepper sind Menschen, die Flüchtlingen aus Gründen der Profitgier über Grenzen bringen und nicht selten auch unmenschlich und brutal mit ihnen umgehen.

Kann man denn Menschen immer verteufeln, die Geld für Fluchthilfe nehmen?

Nein, aber wichtig ist ihr Umgang mit den Flüchtlingen. Sicherlich haben Fluchthelfer auch Kosten, die erstattet werden müssen. Am besten wäre es, wenn das Geld dafür von den Ländern aufgebracht würde, die für die Lage der Menschen in Afrika und Asien verantwortlich sind.

Also sollte auch die Europäische Union Schlepper bezahlen?

Nein, die sollte Fähren zur Verfügung stellen, die Menschen legal und sicher nach Europa bringen.

Was halten Sie von der vorgeschlagenen Quote für die Verteilung von Flüchtlingen?

Es ist gut, wenn alle Länder in Europa, also im Grunde alle 500 Millionen Europäer, diese Aufgabe teilen. Eine Quote dürfte allerdings nicht nur von der Größe eines Landes ausgehen, sondern auch von der Wirtschaftskraft.

Aber sollten Flüchtlinge nicht selbst entscheiden können, wo sie leben wollen?

Ja, unbedingt. Das ändert natürlich nichts daran, dass sich alle Länder beteiligen müssen, zum Beispiel finanziell.

Wann ist die Zuwanderung für Deutschland zu viel?

Deutschland ist bei weitem nicht überfordert. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat Deutschland mehr als zwölf Millionen Menschen aufgenommen. Theoretisch gibt es natürlich eine Grenze. Der Libanon etwa ist wirklich überfordert. Dort machen syrische Flüchtlinge ein Viertel der Bevölkerung aus. Davon sind wir weit entfernt.

Interview: Andrea Scharpen

Ottensener Gespräche zu Flucht und Migration über Legale und sichere Fluchtwege nach Europa: 19.30 Uhr, Werkstatt 3

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