: Clever zusammengemogelt
EXTRA-MILLIONEN Schleswig-Holstein hat durch einen „formalen Verstoß“ 2008 mehr Geld für Straßenbau verwendet, als es gedurft hätte. Einen „schwerwiegenden Verstoß“ nennt das der Bundesrechnungshof
Schleswig-Holstein hat im Jahr 2008 mehr Geld für Straßenbau verwendet, als es gedurft hätte – ein „schwerwiegender Verstoß“, rügte der Bundesrechnungshof. Dass es formal einen Verstoß gegeben habe, räumt das Kieler Wirtschaftsministerium ein. Allerdings hieß es dann gestern, es habe mündliche Absprachen mit dem Bundesverkehrsministerium gegeben – „wir kriegen das hin“, sei dem Land signalisiert worden.
Der heutige Wirtschaftsminister Jost de Jager (CDU), der 2008 bereits als Staatssekretär im Haus war, wies den Vorwurf zurück, Schleswig-Holstein habe den Bund betrogen und müsse die Mehrsumme zurückzahlen. Denn das Land habe „in der berechtigte Annahme“ gehandelt, dass das Bundesverkehrsministerium später im Jahr das Geld „zur Verfügung stellen würde“. Schließlich, betonte de Jager, seien die Mittel nicht zweckentfremdet, sondern für den Straßenbau verwendet worden.
Der Bund stellt jährlich ein Budget von fast einer Milliarde Euro für Straßenbau zur Verfügung, das nach einem Schlüssel an die Länder verteilt wird. Doch nicht alle eingereichten Pläne werden umgesetzt – es bleiben dreistellige Millionenbeträge im Topf, die in einem zweiten Verfahren erneut verteilt werden. Das umging der damalige Kieler Minister Dietrich Austermann, der sich als ehemaliger CDU-Bundestagsabgeordneter und Finanzexperte bestens mit dem Verfahren auskannte: Er ließ bauen und schuf damit Fakten. Auf diese Weise sorgte er dafür, dass Schleswig-Holstein bei der Verteilung besser wegkam, als es möglicherweise beim regulären Verfahren geschehen wäre.
Um immerhin 77 Millionen Euro hat das Land beim Ausbau der Autobahn 20 den „vom Bund zur Verfügung gestellten Verfügungsrahmen von rund 140 Millionen Euro überschritten“, sagte de Jager bei einer Pressekonferenz. Eng wurde es für das Land nur in zwei Fällen: Die Bundesmittel waren noch nicht geflossen, Baufirmen verlangten Geld. Eine Baustelle an der A 24 wurde vorübergehend geschlossen, für eine weitere an der A 20 musste das Land mit einem Überbrückungskredit zwischenfinanzieren – das bedeutete Mehrkosten von 2,3 Millionen Euro. Diese Summe wird nun mit den künftigen Bundeszuschüssen verrechnet.
Pikant ist der Fall vor allem vor dem Hintergrund des Streits um das Wachstumsförderungsgesetz, dem Schleswig-Holstein im Bundesrat nur zustimmen will, wenn es einen Ausgleich erhält.ESTHER GEISSLINGER