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Sind die Heime noch zu retten?

taz salon Welche Konsequenzen erfordern die Skandale in Haasenburg und Friesenhof?

Fast 90 Mädchen aus Hamburg waren in den umstrittenen Friesenhof-Heimen, über 50 Hamburger Kinder und Jugendliche im Skandal-Heim Haasenburg. Was muss besser werden in der Jugendhilfe?

Darum geht es heute Abend im taz Salon. „Es gibt in Einrichtungen per se eine größere Kindeswohlgefährdung, als wenn ein Kind mit offener Hilfe in der Familie bleibt“, sagt unser Podiumsgast Wolfgang Hammer. Der frühere Leiter der Abteilung Jugendhilfe in der Hamburger Sozialbehörde kritisiert, dass die gewerblichen Interessen privater Träger im Gesetz einen höheren Rang haben als die Rechte von Kindern, und fordert, dies zu ändern. Schon allein die Frage, mit welchem Personal oder welchem Konzept ein Heim arbeitet, wird von öffentlichen Stellen nicht beantwortet, weil dies Geschäftsgeheimnisse der Träger seien.

Der Sozialwissenschaftler Timm Kunstreich hat sich mit Heimkonzepten beschäftigt und den sogenannten Phasenmodellen mit Punktesystem den Kampf angesagt. Er spricht von einer im wissenschaftlichen Diskurs kaum beachteten „Technologie des Stufenvollzugs“, der von Bootcamps in den USA und „behavioristischen Dressurexperimenten“ inspiriert sei. Der streitbare Wissenschaftler sieht darin einen Verstoß gegen die UN-Kinderrechtskonvention. Kunstreich schlägt vor, Heime ganz abzuschaffen.

„Aber es gibt auch stationäre Jugendwohnungen, die gut arbeiten und versuchen, aus schwierigen Bedingungen das Beste zu machen“, wendet Burkhard Czarnitzki ein, Abteilungsleiter für Jugendsozialarbeit beim Hamburger Verein Basis & Woge. „Ganz ohne Regeln geht das natürlich nicht“, sagt er. Nur welche Regeln sind sinnvoll, wo beginnt die Schikane? Was brauchen junge Menschen, die einen schwierigen Start ins Leben haben?

Extra aus München reist der Kinder- und Jugendpsychiater Karl-Heinz Brisch an, der an der dortigen Uniklinik vor einem Jahr das Projekt Freedom zur Traumadiagnostik ehemaliger Jugendlicher der Haasenburg-Heime begann. Er sagt, „diese Kinder wurden früh und schwer traumatisiert und brauchten Therapie“. Eine geschlossene Unterbringung und rigide Verhaltenstherapie sei für sie „nicht adäquat“. Stattdessen bräuchten sie einfühlsame, emphatische Therapie und Begleitung. Es gibt auch Jugendliche, die auf der Straße oder auf dem Sofa bei Bekannten leben, und schlicht ein eigenes Dach über dem Kopf brauchen. In Dänemark gibt es den Ansatz des „Housing First“. Junge Leute bekommen erst mal eine Wohnung, auch wenn sie keine pädagogische Begleitung wollen. Ein Ansatz der, so Czarnitzki, zumindest für ältere Jugendliche auch in Deutschland ausprobiert werden sollte.

taz Salon zur Heimpolitik: 19.30 Uhr, Kulturhaus 73, Schulterblatt 72,

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