Es gilt das kopierte Wort

FRAKTIONSCHEFIN SCHREIBT AB

Copy-and-paste ist nicht schlimm, aber armselig. Schließlich war es einer der wichtigsten Auftritte Pops

In der Flughafendebatte dreht sich viel um die Frage, was man Politikern noch glauben darf. Hatte Klaus Wowereit (SPD) wirklich keine Ahnung von der Lage auf der Baustelle? Wann erfuhr Bauminister Peter Ramsauer (CSU) von der jüngsten Terminverschiebung? Meinte Ramona Pop es ernst, als sie im Abgeordnetenhaus erklärte, die Grünen hätten sich „die Entscheidung, diesen Misstrauensantrag einzubringen, nicht leicht gemacht“?

Zumindest Letzteres darf man bezweifeln. Am Montag kam heraus, dass die grüne Fraktionschefin für ihre Rede zur Begründung des Antrags viele Passagen abgeschrieben hatte. Sie formulierte es so: „Zu der Rede ist viel zusammengetragen worden.“

Unter anderem von Julia Klöckner. Die CDU-Oppositionschefin in Rheinland-Pfalz durfte auch mal den Rücktritt eines Regierungschefs fordern – mit den Worten: „Wir haben uns die Entscheidung, den Misstrauensantrag gegen Sie einzubringen, nicht leicht gemacht.“

Ist das schlimm? Nein, aber armselig. Denn zusätzlich zu den kopierten Phrasen zieren jede Menge verbale Abstürze die Rede. Selbst der Uraltkalauer des „Problembären“, der „wie Pattex an seinem Sessel klebt“, fand ins Manuskript. Dabei war die Rede eine der wichtigsten in Pops junger Karriere. Sie landete damit erwartungsgemäß in großen Zeitungen und TV-Nachrichten. Dafür „viel zusammenzutragen“ spricht für gründliche Recherche – aber auch für Ideenlosigkeit. Wowereit muss sich vor den Grünen wirklich nicht fürchten.

Am Ende ihrer Rede versuchte Pop, eigene Akzente zu setzen: Sie zitierte David Bowies neuen Berlinsong – leider falsch: „Where Are We Going?“ hieß sein Stück bei ihr. Für das schriftliche Protokoll korrigierte sie sich. Dort steht der echte Titel: „Where Are We Now?“ Gute Frage. Die könnte sich auch Ramona Pop mal stellen. BERT SCHULZ