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Oh, du edler Mensch

Hommage „Morgenröte im Aufgang“ will dem Publikum Texte des Mystikers Jakob Böhme nahebringen. Etwas sperrig, die Sprache des 15. Jahrhunderts

Klaus Weingarten als Mystiker Jakob Böhme Foto: Filmszene

An die Sprache muss man sich gewöhnen: Heutzutage klingt es seltsam, als edler Mensch angesprochen zu werden. Aber im 15. Jahrhundert, als der Görlitzer Mystiker und Visionär Jakob Böhme wirkte, war das gängig. Der Film „Morgenröte im Aufgang – Hommage á Jakob Böhme“ zwingt dem Publikum förmlich, sich auf Stil und Tonfall von Böhme einzulassen: 81 Minuten sind nur dessen Worte zu hören, von Max Hopp gesprochen.

Die Regisseure Max Hopp, Jan Korthäuer, Ronald Steckel und Klaus Weingarten interessieren sich nicht für die Biografie von Böhme. Sie wollen dem Publikum seine Texte nahe bringen. Es ist es ihnen gelungen, eine Auswahl aus Böhmes Werken so zusammenzustellen, dass eine philosophische Dramaturgie erkennbar wird.

In den ersten Einstellungen gelingt ihnen auch eine spannende Entsprechung von Bild und Ton. Da wird von der Schöpfung Adams erzählt, und aus dem Dunkel tritt schemenhaft das Gesicht des Protagonisten hervor. Dann verschwindet es wieder im Schwarzbild. Aber langsam wird es hell und wie Adam in der Welt steht, steht auch der Jakob Böhme (Klaus Weingarten) da wie er (mit einem verdächtig modern aussehenden Stift) seine Texte schreibt, wie er sich im Wald durch die Natur inspirieren lässt und wie er (in schwarzweiß und in extremer Nahaufnahme) von seinen düsteren Visionen heimgesucht wird.

Die Bilder sollen möglichst wenig vom Text ablenken, der in ein zwar anachronistisches, dafür aber mit seinen fließenden Klangteppichen sehr effektives, elektronisches Sounddesign von Ronald Steckel eingebettet wird. Die Bilder sind am ehesten verzichtbar, und dies merkt man schon daran, dass der Original-Soundtrack des Films auch als Hörspiel herausgebracht und im Mai von Radio Bremen gesendet wurde.

Hat man erst mal an den Duktus gewöhnt hat, merkt man, was für eine Entdeckung die Texte von Böhme sind. Da gibt es Gedanken wie „so kein Böses wäre, würde das Gute nicht erkannt“ und Wortspiele wie jenes vom Erkennen vom „Wesen aller Wesen“. Die Bilder dazu sind oft nur dekorativ oder sogar unfreiwillig komisch – etwa wenn Weingarten als Böhme auf dem Ast eines Baumes wie auf einem Sofa liegt.

Der Film wurde in Zusammenarbeit mit der Organisation zur Umwandlung des Kinos aus Hannover produziert, die die Zusammenführung des Films mit den anderen Künsten propagiert. Wilfried Hippen

„Morgenröte im Aufgang – Hommage á Jakob Böhme“: heute bis Samstag , jeweils 20.30 Uhr, Kino im Sprengel, Hannover. An allen drei Abenden ist mindestens einer der Regisseure anwesend

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