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Jeder Vierte gibt auf

AUSBILDUNGS-ABBRUCH Laut einer Studie der Arbeitnehmerkammer beenden 25 Prozent der Lehrlinge ihre Ausbildung in Bremen ohne einen Abschluss

„Jugendliche nicht schon beim Einstieg in den Arbeitsmarkt verlieren“

Bremen will bis 2017 Spitzenreiterbundesland sein, in dem nur 18 Prozent aller Ausbildungsverträge vorzeitig aufgelöst werden. An dieses Ziel des Ausbildungspaktes erinnerte Ingo Schierenbeck, Hauptgeschäftsführer der Arbeitnehmerkammer, als er gestern eine Studie des Zentrums für Arbeit und Politik an der Uni Bremen vorstellte. Ihr ist zu entnehmen, dass jährlich noch rund 1.500 und damit fast 25 Prozent aller Ausbildungsverträge in Bremen gekündigt werden – vornehmlich von den Auszubildenden und häufig bereits in der Probezeit.

Auch wenn die Hansestadt damit besser dasteht als Niedersachsen sowie Hamburg (mit einer Abbrecherquote von knapp 30 Prozent) und leicht unter dem Bundesdurchschnitt liegt, gibt Schierenbeck keine Entwarnung: „Wir dürfen nicht immer mehr Jugendliche schon beim Einstieg in den Arbeitsmarkt verlieren.“ Bremen könne es sich nicht leisten, dass bereits jetzt 80 Prozent der jungen Arbeitslosen über keinen Berufsabschluss verfügen. Zudem sei die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge rückläufig, da sich Betriebe aufgrund der Abbruchsquerelen aus der Ausbildung zurückgezogen hätten.

Die Analyse des erhobenen Zahlenmaterials belegt bekannte Missstände: Bei Hauptschülern kommen Vertragsauflösungen dreimal so häufig vor wie bei Abiturienten. In Berufen aus dem Bereich der Handelskammer sind die Zahlen deutlich niedriger als im Bereich der Handwerkskammer. Und Pi mal Daumen gilt: Je größer die Unternehmen, desto kleiner die Probleme.

Top-Abbruchquoten gibt es bei FrisörInnen, KöchInnen, VerkäuferInnen und KraftfahrerInnen. Im Gastronomiebereich werden sogar 62 Prozent aller Ausbildungsverträge wieder aufgelöst. „Der Bereich steht im Ruf, schlecht auszubilden, unbezahlte Überstunden und ausbildungsfremde Tätigkeiten einzufordern“, erklärte Schierenbeck.

Was also tun? Häufig stimmten die Erwartungen der Jugendlichen nicht mit der Realität überein, hat Schierenbeck beobachtet und fordert: „In den Schulen muss die Berufsorientierung verbessert werden, in Kooperation mit den Kammern, die sich zudem um eine hohe Ausbildungsqualität kümmern müssen.“ Außerdem seien Jugendliche bei Konflikten frühzeitig zu stabilisieren. Beispielsweise in den Berufsschulen durch die Berater des „Bleib dran“-Projektes. Die müssten sich aber gerade darauf vorbereiten, arbeitslos zu werden, weil eine kontinuierliche Finanzierung durch den Senator für Arbeit nicht gewährleistet sei, kritisierte Projektleiter Frank Meng. Jens Fischer

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