: Zeitbombe im Kopf
Ein Amoklauf in Bayern und die Folgen: Jetzt müssen die Experten an die Südfront
Dazu dürfen wir nicht schweigen, das müssen wir erklären. Amok laufen erfreut sich im Freistaat Bayern anhaltend hoher Beliebtheit. November 1999 Bad Reichenhall: Ein 16-jähriger Schüler killt vier Mitbürger und danach sich selbst mit einer Schrotflinte. Februar 2002 Freising: Ein 22-Jähriger befördert zwei ehemalige Kollegen, den Direktor einer Berufsschule und sich selbst in die ewigen Jagdgründe. Oktober 2005 Saltendorf in der Oberpfalz: Ein 49-jähriger Mann tötet einen Rentner, verletzt acht Menschen und schweigt zu seinen Motiven. Aber wir schweigen nicht. Wir dürfen nicht schweigen. Wir müssen Erklärungen liefern. Ohne Pause. Wir müssen Experten befragen. Ohne Verzug. Denn wenn wir sie nicht fragen, melden sie sich von allein zu Wort. Ohne Gnade.
Es erklärt bereitwilligst Jörn Schönblöd vom Institut für verallgemeinernde Vorurteile aus Potsdam: „Ich glaube, dass die von der Sancta Ecclesia Divina (SED) erzwungene Christianisierung eine der wesentlichen Ursachen ist für Verwahrlosung und Gewaltbereitschaft in Bayern.“
Die Kirche ist schuld, Bingo. Das ist so einleuchtend, dass man sich fragt, warum man nicht von allein darauf gekommen ist. Aber ein ranziges Vorurteil schmeckt besonders gut, wenn es einem vom Experten aufs Brot geschmiert wird. Eine Gesellschaft mehr als 1.000 Jahre unter der eisernen Knute des ältesten totalitären Regimes Europas – kein Wunder, dass früher oder später jemand ausrastet und dass Schrotflinten, Jagdgewehre, Handfeuerwaffen Hochkonjunktur haben. In Bad Reichenhall, Freising, Saltendorf.
Noch eine Expertenmeinung gefällig? Kein Problem. Es tritt auf Christian Pfeifenkopf vom Forschungszentrum für vorverurteilende Verallgemeinerung in Hannover. Er hat schon längst erkannt und in zahlreichen Publikationen, die die Regale der Landeszentralen für politische Bildung zieren, darauf hingewiesen: „Die Bayern sind alle so unglaublich gewaltbereit, weil man sie als kleine Kinder stundenlang ins Beichtstühlchen gesetzt hat. Im Dunklen mussten sie dort bleiben, stundenlang, hinter Gittern, unmündig und gedemütigt. So hat sich das Regime seine tickenden Zeitbomben selbst gezüchtet.“
Da sind wir doch alle herzlich froh, dass wir nicht aufs Beichtstühlchen mussten. Nur die Leute in Bad Reichenhall, Freising, Saltendorf. Die haben Jahre ihres Lebens auf dem Beichtstühlchen verbracht. Wären sie sonst zu Amokläufern geworden?
Wäre da noch der Katholizismus im Allgemeinen. Fragen wir am besten einen Dritten, den Katholenexperten Petrus Schola-Tours: „Das ist doch nicht nur simpel, sondern simplicissimus. Die Katholen beten einen Leichnam an. Jedes Schulkind in Bayern muss vor ihm auf die Knie gehen. Wir in Katholenexpertenkreisen reden daher nicht umsonst von einer Todesreligion.“
Früher, da war es ein Heidenspaß, in Bayern zu leben. Aber die Missionare haben alles vermiest, und auch das von ihnen populär gemachte Brettspiel Mönch-ärgere-dich-nicht konnte die gute Laune nicht zurück bringen. Etwas ist schief gelaufen in Bad Reichenhall, Freising, Saltendorf. Da sind sich die Experten einig. Und wir glauben ihnen aus tiefstem Herzen, weil wir uns so gut dabei fühlen. Haben wir es nicht schon immer vermutet: Bayern hat den Anschluss an die Moderne verpasst. Eine stark religiös geprägte, traditionelle Gemeinschaft reagiert mit akuten Gewaltausbrüchen auf Globalisierung, Traditionsverlust, Moderne, Freiheit, Love Parade und das ganze andere Teufelszeug. Zum Glück könnte uns das nie passieren, niemals. Denn wir haben die Experten für die Katastrophen, die den anderen zustoßen. Wir sind der Westen. ROB ALEF