: Schröders letzte Rettung am Hochofen
Das Hamburger Aluminium Werk soll geschlossen werden, obwohl es dafür einen Käufer gibt. Mindestens 550 Jobs gehen verloren. Heute berät Kanzler Schröder auf einem Gipfeltreffen mit Industrie und Politik über die düstere Zukunft der Branche
AUS HAMBURG GERNOT KNÖDLER
Bundeskanzler Schröder lädt heute zum Aluminium-Krisengipfel ins Kanzleramt. Dabei geht es der Branche eigentlich gut. Das norwegische Unternehmen Norsk Hydro will aber der weltweit boomenden Nachfrage zum Trotz Aluminium-Werke in Deutschland schließen. Zum Gipfeltreffen eingeladen sind die Ministerpräsidenten der betroffenen Länder Hamburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sowie der Vorstandsvorsitzende von Norsk Hydro, Eivind Reiten.
Es geht um viele Arbeitsplätze. Die Schließung des modernen Aluminium-Werkes in Hamburg gilt als sicher und kostet 550 Jobs. Der norwegische Konzern betreibt auch bei Neuß in Nordrhein-Westfalen drei große Aluminium-Werke mit zusammen 5.500 Beschäftigten. Weitere 450 Arbeitsplätze gibt es im niedersächsischen Stade, wo das Unternehmen eine als veraltet geltende Aluminium-Hütte betreibt.
Paradox scheint, dass das Hamburger Aluminium Werk (HAW) vor dem Aus steht, obwohl ein Käufer gefunden wurde. Die Schließung des HAW begründet Norsk Hydro mit dem Auslaufen eines langfristigen Stromvertrages zum Jahresende. Dadurch würden sich Stromkosten, die bereits heute 40 Prozent der Herstellungskosten des Aluminiums ausmachen, verdoppeln.
Der Hamburger Senat wollte sich damit nicht abfinden. Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) suchte und fand Firmen, die bereit waren, das von Schließung bedrohte Werk zu übernehmen. Aber nach gescheiterten Verhandlungen drängt sich Uldall der Eindruck auf: „Norsk Hydro will nicht verkaufen.“ Einer der beiden Interessenten, die Essener Trimet-Gruppe, gab entnervt auf. Der andere, die Georgsmarienhütte Holding des Schröder’schen Duzfreundes Jürgen Großmann, besserte ihr Angebot mehrfach nach – vergeblich.
Norsk Hydro fürchtet offenbar, bei einem Verkauf für spätere Kosten belangt werden zu können. Das Unternehmen ist aber nicht bereit, für mehr Kosten gerade zu stehen, als die sofortige Werksschließung verursachen würde. Eine mögliche Insolvenz des HAW in der Hand des neuen Eigentümers dürfe nicht zu Nachforderungen führen, so Norsk Hydro. Nach deutschem Recht sei das aber möglich, so Hydro, wenn die Alteigentümer das Werk im Wissen, dass es nicht rentabel zu betreiben sei, verkauft hätten.
Dieses Risiko gibt es für Norsk Hydro aber gar nicht, betonen Senat, Bewerber und Beschäftigte einstimmig. Der potenzielle Käufer Georgsmarienhütte und der Senat hätten die Altgesellschafter weitgehend von Risiken freigestellt. „Damit waren meiner Meinung nach die Hürden weg“, sagte Uldall. Die Beschäftigten würden „unnötigerweise ihren Arbeitsplatz verlieren“, bedauerte Großmann.
Aluminium-Hütten können trotz der hoher Energiepreise rentabel betrieben werden. Erst kürzlich vereinbarten die Konzerne Trimet und Corus mit REW und Eon passende Stromlieferverträge.