„Wir brauchen die Stadt nicht“

ASYl Seit zwei Wochen leben Flüchtlinge in den Messehallen, heute werden Anwohner informiert

Theresa Jakob

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56, lebt in St. Pauli und engagiert sich seit Jahrzehnten für den Stadtteil. Auch bei „St. Pauli selber machen“ ist sie aktiv.

taz: Frau Jakob, in einer Messehalle sind übergangsweise 1.200 Flüchtlinge untergebracht. Was sagen Sie zu dieser Form der Unterbringung?

Theresa Jakob: So viele Menschen in einer Halle unterzubringen, in der es kaum Privatsphäre und einen ständigen Lärmpegel gibt, ist nicht vernünftig. Tausende machen sich täglich auf einen gefährlichen Weg, um Krieg und Not zu entkommen. Und in Hamburg erwartet sie dann nichts als Feldbetten und miserable hygienische Bedingungen.

Heute informieren Innenbehörde und Bezirk die Anwohner über die Notunterkunft. Was erwarten Sie von der Veranstaltung?

Wir hören uns an, welche Informationen es noch gibt. Wir brauchen die Stadt aber nicht, wenn sie eine Veranstaltung erst dann organisiert, nachdem die Menschen schon seit zwei Wochen in der Messehalle leben. Die Menschen in St. Pauli haben sich nun ohnehin bereits selbst organisiert.

Welche Alternativen sehen Sie zur Messehalle?

Es kann nicht sein, dass die Menschen bei so viel Leerstand in der Stadt in Hallen und Zelten untergebracht werden.

Was hat der Senat falsch gemacht?

Der Senat wusste, dass die Menschen kommen, und trotzdem sind sie jetzt überrascht und überfordert. Die Stadt macht es sich jetzt sehr einfach und baut auf Hilfe von Anwohnern und Initiativen. Damit lagern sie ihre eigene Verantwortung in großen Teilen aus.

Wie geht das Karoviertel mit der Situation um?

Wir haben am Samstag eine kleine Stadtteilversammlung veranstaltet. Dort haben sich Arbeitsgruppen gebildet und es wurde eine Resolution verabschiedet. Ich bin überwältigt von der Stimmung im Viertel. Alle wollen helfen.

Wie sieht die Hilfe aus?

Die Arbeitsgemeinschaft Kleiderkammer etwa hat Regale aufgestellt und gespendete Kleidung sortiert. 75 Leute haben sich gemeldet und wollen Deutschkurse anbieten. Außerdem werden gemeinsame Aktivitäten organisiert, wie ein Picknick im Park. Es gibt mittlerweile über Freifunk kostenloses W-Lan in den Messehallen. Die Menschen sollen aus der Halle rauskommen können. Sie können da nicht den ganzen Tag aufeinander hocken.

Interview: Larissa Robitzsch

Informationsveranstaltung „Schaffung einer Zentralen Erstaufnahme - Messehallen“: 19 Uhr, Messegelände Halle A4, Tagungsraum Chicago