: „Ihm ist alles zuzutrauen“
VORTRAG Im Übersee-Museum wird ein Bremer Abenteurer und Namensgeber entzaubert
■ 74, war früher Schüler der Gerhard-Rohlfs-Schule und ist heute ehrenamtlich im Museum Schloss Schönebeck tätig.
taz: War Gerhard Rohlfs (1831-96) nun der große Sahara-Forscher, für den ihn manche halten, Herr Bolte?
Günter Bolte: Nein. Er war in jungen Jahren ein Abenteurer. Ein Biograf fasste sein Leben kurz und treffend so zusammen: „Vom Aussteiger zum Generalkonsul“. Forscher war er schon deswegen nicht, weil er keine Ausbildung dafür hatte, meines Erachtens nicht mal Abitur.
Er war also vor allem ein guter Erzähler?
Er muss ein ausgezeichneter Redner gewesen sein!
Hat er darüber hinaus auch wissenschaftliche Verdienste?
Ja. Er hat dem führenden Kartografen seiner Zeit wertvolle Informationen über teilweise noch von keinem Europäer bereiste Gebiete geliefert und so dazu beigetragen, weiße Flecken auf dessen Landkarten zu tilgen.
Vorher diente er in fünf Armeen. Wie kam es dazu?
Bei den Füselieren in Bremen war es ihm zu langweilig, in Schleswig-Holstein stand am Rande seines Personalbogens: „Nicht geeignet“! Er flüchtete er in die österreichische Armee, aus der er zweimal desertierte. Als Ausweg erschien ihm die Fremdenlegion, aus der er einvernehmlich ausschied. Er ging nach Marokko und verdingte sich in der dortigen Armee. Er war auf der sozialen Leiter ganz unten angekommen, er durfte sich als schwarzes Schaf der Familie in Vegesack nicht mehr sehen lassen. Er kam im Testament seines Vaters nicht vor.
Warum?
Weil er bis dahin nichts geschafft und jeden Kontakt zur Familie seit Jahren abgebrochen hatte.
Trotzdem wurde eine Schule nach ihm benannt.
Wann denn? Unter den Nazis!
Und war er nun ein französischer Spion?
Da will ich die Pointe des Vortrags nicht vorweg nehmen. Aber ihm ist alles zuzutrauen. Er war ein Opportunist. Bismarck sah ihn als schneidigen Kerl an, hat ihn aber nach kurzer Zeit als Generalkonsul entlassen.
Es heißt, Rohlfs war als Kind eher schwach.
Das halte ich für Unsinn, jedenfalls habe ich dafür keinen Beweis gefunden. Um ihn groß zu machen, muss er nach Meinung einzelner Biografen vorher schwach sein. Int.: Jan Zier
19 Uhr, Übersee-Museum