LeserInnenbriefe zu verschiedenen Themen

„Gute“ und „böse“ Terroristen

betr.: „Erdoğan zieht in den Krieg“, taz vom 29. 7. 15

Ist Terror gleich Terror, oder gibt es, wie derzeit der Anschein erweckt wird, „guten Terror“ und „bösen Terror“, „gute Terroristen“ und „böse Terroristen“? Gewiss ist der „Islamische Staat“ eine Terrorgruppe, die eine Auslöschung verdient. Keine Terrororganisation hat dem Ansehen des Islam und der Muslime so sehr geschadet wie der IS. Jedoch ist die PKK in Deutschland seit 1993 verboten und wird nach wie vor vom Inlandsgeheimdienst beobachtet. Es ist überdies völlig verfehlt, Kurden mit der PKK gleichzusetzen.

Die letzten Tage in der medialen Berichterstattung geben dem Leser und Zuschauer gute Beispiele für die Differenzierung zwischen „guten“ und „bösen Terroristen“. Da wird auf der einen Seite von „Freiheitskämpfern“, „Friedensaktivisten“ und einer „Arbeiterpartei“ gesprochen. Bei einer Arbeiterpartei fällt mir direkt die leider schon etwas verstaubte Sozialdemokratie ein. Bei „Freiheitskämpfern“ hingegen denke ich an die Weiße Rose, die Edelweißpiraten oder an Graf von Stauffenberg. Ferner fallen mir Namen wie Martin Niemöller oder Dietrich Bonhoeffer ein. Und bei dem Begriff „Friedensaktivisten“ kommen einem Mahatma Gandhi, Nelson Mandela, Martin Luther King in den Sinn. Aber bestimmt nicht die PKK und ihre Führungskader.

Die türkischen und kurdischen Geschwistervölker scheinen von diesem Konflikt nicht zu profitieren. Auch für die Entwicklung der Region im Osten und Südosten der Türkei bedeutet der Konflikt eine Lähmung. Kurz: Die Türkei als Gesamtgebilde steht auf der Verliererseite. Die Region ist zudem wichtig für Pipelinerouten und Dammprojekte. Wer könnte denn Interesse an diesem Konflikt haben? Wer unterstützt seit Jahren die Terrororganisation PKK? Wer setzt die PKK mit den Kurden gleich?

Wer besteht also vehement darauf, dass es sich bei der PKK um eine angebliche „kurdische Rebellenorganisation“ handelt?

Wer versucht seit Jahren, den Aussöhnungsprozess und den Frieden zu sabotieren und einen Keil zwischen Türken und Kurden zu treiben? Auch Erdoğan darf jetzt nicht übertreiben und muss den ausgesetzten Friedensprozess wieder schnellstmöglich fortführen. Nicht nur mit den Kurden, sondern auch mit den Aleviten, Jesiden und anderen Minderheiten im Land. YASIN BAȘ, Melle

Handlanger der Türkei

betr.:„Erdoğan zieht in den Krieg“, taz vom 29. 7. 15

Präsident Erdoğan hat offensichtlich nicht gefallen, dass die Kurdenpartei HDP ihm die absolute Mehrheit genommen hat. Nachdem das türkische Heer damals lange zugeschaut hat, als die Kämpfe um Kobani sehr vehement waren und die Kurden die Stadt von IS zurückerobern konnten, greift jetzt die Türkei Ziele der PKK und des IS an. Ich gehe davon aus, dass die Türkei ihre nationalen Interessen sehr deutlich vertritt, zum Beispiel mit der Pufferzone zu Syrien hin, die von der Türkei kontrolliert werden wird, und dass die Nato als Handlanger eigener Interessen willkommen ist.

Durch die Aufstellung der Flugabwehrraketen der Nato in Anatolien hat sich die Nato hinter die Türkei gestellt. Der Sinn oder Unsinn der Aufstellung dieser Raketen hat sich mir bislang nicht erschlossen. Man muss Präsident Assad schon für sehr dumm halten, wenn man glaubt, dass er die Türkei mit Raketen oder Jagdflugzeugen angreifen würde, um so die Nato zu Gegenschlägen zu provozieren.

Ich hoffe sehr, dass die Nato-Führung weise genug sein wird, sich nicht vorschnell in kriegerische Auseinandersetzungen hineinziehen zu lassen. Der schamhaft verschwiegene Rückzug der Isaf-Truppen aus Afghanistan zeigt, dass man sich gefährlich die Finger verbrennen kann, wenn westliche Soldaten auf islamischen Territorien Bodenkämpfe führen.

DIETER LOEST, Rot am See