Portrait: Der Anti-Platini von Hyundai
Wenn ich [zum Fifa-Präsidenten] gewählt werde, wird mein Job nicht darin bestehen, den Luxus des Amtes zu genießen. Mein Job ist, es zu verändern“. So kündigte der südkoreanische Milliardär Chung Moon Joon am Donnerstag gegenüber der BBC seine Kandidatur für die Nachfolge des Schweizers Sepp Blatter für die Spitze des korruptionsgeplagten Weltfußballverbandes Fifa an. Formal will der 63-jährige Chung seine Bewerbung Mitte August in Europa verkünden, weil der Kontinent in der Fifa der wichtigste sei. Chung tritt explizit mit der Botschaft an, Europas Vormacht zu brechen.
Der Ehrenvorsitzende des koreanischen Fußballverbandes, Politiker und frühere Unternehmer Chung warf zugleich dem Uefa-Präsidenten Michel Platini, der am Vortag seine Kandidatur verkündet hatte, den Fehdehandschuh hin. Dieser habe von dem in Verruf geratenen System Blatters profitiert. Chung: „Herr Platini ist sehr stark ein Produkt des jetzigen Systems.“
Chung ist der sechste Sohn des Gründers des koreanischen Konglomerats Hyundai. Von diesem wurde die weltgrößte Schiffswerft Hyundai Heavy Industries abgespalten, deren größter Aktionär Chung ist. Sein Vermögen schätzt Forbes auf 1,2 Milliarden Dollar.
Chung studierte in Seoul Wirtschaft und promovierte später in den USA in Politikwissenschaft. Seit 1998 sitzt er in Südkoreas Parlament, meist für die große konservative Partei, die öfter ihren Namen änderte.
Chung war 1976 Südkoreas Vizemeister im Springreiten und wurde später Vorsitzender des südkoreanischen Fußballverbandes. Er war maßgeblich daran beteiligt, die Fußball-WM 2002 in seine Heimat zu holen, wenngleich sich Südkorea das Turnier dann mit dem ungeliebten Japan teilen musste.
Seine Funktionärskarriere nutzte Chung auch zum Griff nach Südkoreas Präsidentschaft. Doch musste er sich bei den Wahlen 2002 geschlagen geben. Ähnlich ging es ihm 2014, als er vergeblich für das Bürgermeisteramt der Hauptstadt Seoul kandidierte. Auch als Fußballfunktionär musste Chung Niederlagen einstecken, so 2011, als er nach 17 Jahren als Fifa-Vizepräsident unerwartet gegen den jordanischen Prinzen Ali bin al-Hussein verlor. Chung stand Blatter schon länger kritisch gegenüber. Doch als 2010 die Fifa-Ethikkommission zwei Funktionäre für drei Jahre und ein Jahr suspendierte, nannte Chung das „übertrieben“. Es ist deshalb zu bezweifeln, ob er ein echter Reformer ist.
Chung gilt als stärkster Herausforderer Plantinis, doch dürfte es für den Koreaner nicht leicht werden. Bisher hat er nicht einmal die Unterstützung des asiatischen Fußballverbandes. Sven Hansen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen