: THEATER
TheaterEsther Slevogtbetrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
Ja, das waren noch Zeiten, als noch gefahrlos Musicals über Religionsstifter geschrieben werden konnten. Heute droht ja allenthalben im glimpflichsten Fall der Blasphemieverdacht. Falls die Schöpfer solcher Werke nicht sofort mit Maschinengewehren umgenietet werden. Nehmen wir Jesus Christus zum Beispiel, der 1971 von Andrew Lloyd Webber und seinem Librettisten Tim Rice zu „Jesus Christ Superstar“ ernannt wurde. In einem Musical, das in ihm den Urvater alle Hippies und Poprevoluzzer entdeckte. Zwar haben auch damals christlich-fundamentalistische Gruppen gegen die Verpoppung ihres Heilands und seine Degradierung zum Tonträger für kulturindustrielle Inhalte protestiert. Auch wenn sich dessen Botschaft doch ziemlich nah am Geist der Generation von 1968 ansiedeln ließ: Make love not war. Dem Triumph des Werkes, das u. a. 8 Jahre lang ununterbrochen im Londoner Westend lief, konnte der Protest keinen Abbruch tun. Sogar Radio Vatikan spielte (laut Wikipedia) die Jesus-Hits. Jetzt tourt gerade einmal wieder eine „Jesus-Christ-Superstar“-Produktion durch Europa und hat in dieser Woche Berlin erreicht. Genauer gesagt handelt es sich um eine Londoner Original-Produktion aus dem Hause Lloyd-Webber-Rice. Zu sehen ist sie in der Deutschen Oper in der Bismarckstraße, wo die in jeder Hinsicht satt ausgestattete Rockoper mit ihren tollen Ohrwürmern noch bis zum 2. August gastiert (Deutsche Oper: „Jesus Christ Superstar“, noch bis 2. 8. jeweils 20 Uhr, bzw. 2. 8., 19 Uhr, am Wochenende auch Vorstellungen um 15 Uhr, 1. 8. bzw. 14 Uhr, 2. 8.).
Aber man kann sich auch ganz postdramatisch und im Freien amüsieren. Mit dem Stück „Places & Traces“ von MS Schrittmacher zum Beispiel, das sich Martin Stiefermann ausgedacht hat. Hierbei handelt es sich um eine Berlin-Krisen-Rikscha-Tour, man besteigt also zu zweit eine Rikscha und wird an neuralgischen Berliner Punkten wie der Staatsoper (Sanierung! Kostenexplosion! Eröffnungstermin-Verschiebung!), der Berliner Schuldenuhr oder dem Schlossrohbau vorbeikutschiert. Und zwar von einem kundigen Führer oder auch einer kundigen Führerin. An jeder der insgesamt acht Krisenstationen wird außerdem ein Video zum Thema versprochen. Tourstart ist entweder am Alexanderplatz oder am Reichstag. Ein Ticket für zwei kostet 30 Euro (MS Schrittmacher: „Places & Traces“, ab 1. August, Mi–So 15 bis 20 Uhr. Telefonische Anmeldung unter: 0170 5062744).
In der Wilmersdorfer Bar jeder Vernunft präsentiert außerdem Désirée Nick ihr neues Programm „Retro Muschi“ (Bar jeder Vernunft: „Retro Muschi“, tgl. außer Montag, 20 Uhr).
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