LeserInnenbriefe
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Das Informationsrecht einfordern

betr.: „TTIP-Dokumente. Lammert fordert von USA Zugang“, taz vom 20. 7. 15

Jetzt hat auch Bundestagspräsident Norbert Lammert die US-Regierung aufgefordert, den Deutschen Bundestagsabgeordneten die Einsicht in die Verhandlungsdokumente über das sogenannte „Freihandelsabkommen TTIP“ zu gewähren. Allein die Bitte um „Gewährung“ gibt genug Anlass, argwöhnisch zu sein, da vieles, vermutlich das meiste, streng geheim bleiben und nicht an die Öffentlichkeit kommen soll!

Zugang zu den Daten erhalten die Abgeordneten nur in der US-Botschaft!! Es darf nichts fotokopiert, nichts protokolliert, nichts abgeschrieben werden. Mit den vielen Paragrafen und Gesetzen, die in den dortigen Dokumenten angegeben werden, können die Bundestagsabgeordneten nichts anfangen, da sie keine Experten um Rat hinzuziehen dürfen! Es ist ein Skandal, dass Bundestagsabgeordnete, die später über dieses Abkommen entscheiden sollen, bewusst von Informationen ausgeschlossen werden. Ja, ich gehe so weit zu sagen, dass die Bundestagsabgeordneten bewusst im Dummen gelassen werden sollen, denn es soll ein Abkommen geschlossen werden, das nur wenigen nutzen wird, aber zum Schaden vieler wird.

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel predigt immer nur, wie vorteilhaft das TTIP für alle sei. Woher weiß er das? Wem nützt es, wenn künftig alle Standards nivelliert und vereinfacht werden? Die Großkonzerne sollen damit immer noch mächtiger gemacht werden, während die kleinen Unternehmen auf der Strecke bleiben! In Deutschland profitieren wir doch gerade von der Vielfältigkeit. Jeder weiß, Deutschlands Mittelstand ist das Rückgrat unserer Wirtschaft. Anstatt sich für den deutschen Mittelstand starkzumachen, beugt sich Gabriel dem Diktat der USA und der weltweit agierenden Großkonzerne.

Wenn schon die Bundestagsabgeordneten nicht informiert werden beziehungsweise sich nicht informieren dürfen, dann müssen endlich die Bürger auf die Straße gehen und das Informationsrecht einfordern! TATJANA SIKORSKI, Berlin

Ein Kompromiss

betr.: „Grüne Einheitsfront gegen TTIP bröckelt“, taz vom 16. 7. 15

Schön, dass Ihr den Beschluss der Landeswirtschaftsministerkonferenz vom 18. Juni auch schon gefunden habt. Ich bin mit Eveline Lemke sicher häufig nicht einer Meinung, das mag sogar hinsichtlich TTIP so sein. Aber sie hält sich klar an den Dresdner Beschluss der Bundesdelegiertenkonferenz (kurz zusammengefasst „TTIP – so nicht – Neustart mit demokratisch legitimiertem Verhandlungsmandat“).

Ich rechne ihr deshalb hoch an, dass sie es geschafft hat, die Landeswirtschaftsminister überhaupt mal zu diesem Thema an einen Tisch zu bekommen. Dass bei zwei grünen und 14 nicht-grünen Minister*innen ein Kompromisspapier herauskommt, welches nicht nur die grüne Handschrift trägt, sollte nicht verwundern. Vor dem Hintergrund der Haltung von Schwarz-Rot ist es erstaunlich, was überhaupt im Beschluss gelandet ist. Natürlich ist das immer noch zu wenig und zu schwach und überhaupt. Wäre gar kein Beschluss besser gewesen? Ich weiß es nicht. JUTTA PAULUS, Neustadt

Werte vermitteln

betr.: „Missbraucht? Dumm gelaufen!“, taz vom 8. 7. 15

Mit Kopfschütteln habe ich von der Aktion gelesen, die in einer Berufsschule im kleinen Schwarzwaldstädtchen Horb durchgeführt wurde, in der an junge Mädchen, die angeblich aufreizend gekleidet seien, weite T-Shirts verteilt wurden. Dies erinnert mich an die sonst hierzulande doch so stark kritisierte Burka oder das Kopftuch oder andere Verhüllungsmaßnahmen, die die Frauen angeblich schützen sollen vor anderweitig unvermeidbaren Übergriffen seitens der Männer, die aufgrund der Reize der Frau ansonsten nicht anders könnten, als übergriffig zu werden. Ich dachte eigentlich, diese Zeiten seien vorbei.

Jede Institution hat ihre bestimmte Kleiderordnung. Sogar in einem Hotel darf man zum Abendessen nicht so erscheinen, wie man tagsüber an den Strand geht.

Daher finde ich es wichtig, wenn diese Direktorin schon auf einem Klima des respektvollen Umgangs und der Vermittlung von Werten besteht, dass sie den Schülern, sowohl den männlichen als auch den weiblichen, nahelegt, wie man sich in bestimmten Einrichtungen anzieht.

Vermittlung von Werten und Respekt gelingt sicher nicht dadurch, dass man jungen Mädchen einredet, dass sie durch ihre Kleidung gewalttätige Handlungen provozieren.

Vermittlung von Werten und Respekt besteht aber darin, sich dem Anlass entsprechend zu kleiden und damit zu zeigen, dass man weiß, wo man ist, und wen man vor sich hat. Respektvoller Umgang bedeutet auch, jedwede Form von Gewalt zu untersagen und die Schüler für die Nöte und Probleme Schwächerer zu sensibilisieren, und Menschen, die anders sind, zu akzeptieren.

Die Abmachung und die Ausarbeitung bestimmter Grenzen sollte daher zusammen mit den Schülern, egal, ob männlich oder weiblich, erarbeitet und besprochen werden. Ich glaube, dass so die Schüler wesentlich mehr für ihr restliches Leben lernen als dadurch, den Mädchen die Schuld zu geben, dass sie Frauen sind, und ihre Weiblichkeit und ihr Selbstbewusstsein zu unterdrücken. DOROTHEE FEUERSTEIN, Nürnberg